EGGE-WESER, 1981/02 (Band 1, Heft 2)
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Elisabeth Heldt zum siebzigsten Geburtstag

Kurt Preywisch, Höxter

Es ist in wissenschaftlichen Vereinen üblich, herausragenden Mitgliedern zu einem Jubiläum eine Festschrift zu widmen. Meistens kommen solche Ehrungen zu spät. So ist es auch in unserem Fall. Aber nun haben wir eine Zeitschrift und das Leitthema des zweiten Hefts ist aufs engste mit dem Leben der Jubilarin verwoben. Das spüren wir besonders aus dem Hauptartikel. Er entstammt, wie konnte es anders sein, ihrer Feder.

Elisabeth Gocke kam als viertes von acht Kindern am 1.6.1910 in der Mühle von Körbecke im Kreis Warburg/Westf. zur Welt. In einer Familie, die sehr der Natur zugewandt war, war schon die Schülerin die ausdauerndste Beobachterin. In den Ferien streifte sie durch Wiesen und Wälder, suchte Blumen, Schmetterlinge und Heuschrecken. Nach fünf Jahren Volksschule im Heimatdorf besuchte Elisabeth Gocke die Höhere Mädchenschule in Warburg. Dann wechselte sie in das Internat der Brede in Brakel, wo sie den dreijährigen Oberstufenbesuch im Februar 1931 mit dem Abitur abschloß. Wenn sie nach Hause kam, scharten sich Körbecker Kinder um sie, um mit ihr die Natur als Abenteuer zu erleben.

Sie wählte Biologie, Chemie und Englisch als Studienfächer für das Lehramt an Gymnasien. Nach einem Beginn in Köln belegte sie unter anderem zwei Semester Großes Zoologisches Praktikum bei Spemann in Freiburg. Im Juni 1936 schloß sie mit dem Staatsexamen in Münster ab. Aus dieser Zeit verdanken wir Elisabeth Gocke zwei wichtige Veröffentlichungen. "Die 'Krautweihe' in Cörbecke, Kr. Warburg; Ein Beitrag zur Frage der botanischen Begriffsbildung" erschien als Heft 6 (6. Jahrgang 1935) der Abhandlungen aus dem Westfälischen Provinzialmuseum für Naturkunde in Münster und kann dort sogar noch bezogen werden. "Ein biologischer Streifzug durch die Brakeler Feuerteiche" wurde im August 1956 in zwei Folgen der Brakeler Lokalzeitung veröffentlicht.

Die Assessorenjahre in Bielefeld und Gelsenkirchen schlossen im Sommer 1938 mit der Prüfung in Münster ab. Arbeitslos – in Wirklichkeit einkommenslos – unterrichtete die junge Assessorin unentgeltlich in ihrer Stammanstalt Lippstadt, bis sie Ostern 1939 in Altena angestellt wurde. Dort lernte sie auch ihren Mann kennen, einen geborenen Elsässer. Nach der Heirat im März 1941 lebte Frau Heldt in Colmar, bis das junge Paar mit den zwei Söhnen fliehen mußte und bis Februar 1946 in der elterlichen Mühle Aufnahme fand.

Von dort zog die Familie nach Warburg. Englische Privatstunden waren die Grundlage des Lebensunterhalts. Schließlich fand Reinhard Heldt eine Stelle am Gymnasium Marianum am 1.1.1947. Nach seiner Pensionierung 1954 arbeitete er am Hüffertgymnasi-


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um weiter. Dort war seine Frau ab 1950 als "frühere Studienassessorin" angestellt worden und unterrichtete mit der ihr eigenen Berufsbegeisterung, und zwar bis 1980(!).

1961 meldete sich Frau Heldt wieder mit einer naturwissenschaftlichen Veröffentlichung zu Wort. In "Natur und Heimat", Münster, 21. Jahrg., Heft 3, S. 92, berichtete sie "Zum Vorkommen der Trollblume bei Borgentreich und Körbecke, Kr. Warburg" und schließt: "Es wäre unbedingt zu empfehlen, dieses Gebiet im Körbecker Bruch als Naturschutzgebiet ausweisen zu lassen, da es, abgesehen von dem Trollius-Vorkommen, sehr viele typische Moorpflanzen enthält (siehe Nieschalk) und auch Kiebitze dort vorkommen." Dieser Ruf verhallte ungehört. In weiteren unveröffentlichten Gutachten unterstützte sie den damaligen Beauftragten für Naturschutz im Kreise Warburg, Rektor Lorenz Gorzel, in seinem unermüdlichen Kampf um eine schöne und artenreiche Landschaft. Es ist an der Zeit, bei dieser Gelegenheit endlich auf die Verdienste dieses Mannes hinzuweisen, der sich in einer Zeit nie entmutigen ließ, in der der Wind den Naturschützern noch in voller Stärke ins Gesicht blies. Mehrere Jahre bearbeitete E. Heldt auch den Warburger Raum für den Atlas der Flora von Südniedersachsen, das erste Standardwerk dieser Art für Festlandeuropa.

Verstärkt trat Frau Heldt an die Öffentlichkeit, nachdem 1975 der Naturkundliche Verein Egge-Weser gegründet worden war. Sie führte mindestens einmal in jedem Jahr eine botanische Exkursion des jungen Vereins und es war dann immer die beliebteste. Unser jeweiliges Vereinsorgan brachte in rascher Folge ihre Artikel, zuerst im "Mitteilungsblatt des Kreisheimatpflegers, Kreis Höxter", Nr. 12, 1976, S. 33-43, "Die Flora des Desenbergs", Nr. 13, 1977, S. 9-19, "Die Kräuterweihe im Warburger Land (Eine Bestandsaufnahme)", Nr. 14, 1977, S. 25-30, "H. Haeupler: Atlas zur Flora von Südniedersachsen, Göttingen 1976, Die Bedeutung dieses Werkes für das Warburger Land", Nr. 15, 1978, S. 54-74, "Die Flora des Großen Scheffelbergs bei Scherfede". Im "Jahrbuch 1980, Kreis Höxter", S. 159-180, erschien "Die Menner Seihe, ein interessantes Feuchtgebiet bei Warburg". Im gleichen Jahr schrieb Frau Heldt ein kleines Dokument liebenswerter Menschlichkeit: "Biologieunterricht auf der Brede vor 50 Jahren; Schwester Lioba (+1980) zum Gedächtnis" (Bredenbrief 1980, S. 51-53).

Wer Elisabeth Heldts floristische Musterarbeiten über schutzwürdige Gebiete noch nicht kennt, findet die schönste, wie ich meine, auf den folgenden Seiten. Klar und lebhaft zugleich erscheint vor unseren Augen das Arbeitsgebiet und – stärker als bisher – das Wirken des Menschen darin, ja sogar ein Zipfelchen ihrer eigenen Lebensgeschichte. Aus der Artenliste, der Frucht einer mühevollen Forscherarbeit mehrerer Jahre, wie oft bei Wind und Wetter, leitet sich die Schutzwürdigkeit des kleinen Gebiets ab. Hier konzentrieren sich Artenzahlen, die in der sonst so artenarmen Kultursteppe der Börde fast unglaublich anmuten. Und – wie immer – malt uns die Verfasserin ein Bild des Jahresablaufs in impressionistischen Tupfern. Wir spüren mit ihr die Beglückung, daß ihre selbstlose Arbeit nun, getragen von einem kräftigen Rückenwind und vielseitiger Anerkennung,


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Oben: Körbecker Mühle
Pastellstiftzeichnung von Gottfried Beyer

Links: Elisabeth Gocke
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Rechts: Elisab. Heldt
67 Jahre



Folgearbeiten nach sich zieht. Das soll dieses Heft von Egge-Weser aufzeigen bis fast zur Tat der Behörde, die dann wiederum nur Anfang und Aufgabe setzt. Der Naturkundliche Verein Egge-Weser wünscht Ihnen, liebe Frau Heldt, noch viele Jahre frohen und erfolgreichen Schaffens in seiner Mitte!


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