EGGE-WESER, 1981/02 (Band 1, Heft 2)
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Die Säugetiere des Körbecker Bruchs

Willy Vieth, Brakel

I. EINLEITUNG

Ein Grund zur Beschäftigung mit einer für mich zunächst wenig exakt bekannten Tiergruppe war die vollständige Erfassung des Körbecker Bruchs in Form von Fachgutachten im Rahmen des Flurbereinigungsverfahrens Borgentreich. Die nötigen Impulse für diese Arbeit verdanke ich Herrn Preywisch, Höxter. Schätzengelernt habe ich dieses Feuchtgebiet vor einigen Jahren anläßlich einer Begehung mit Frau Heldt, Warburg.

Das Untersuchungsgebiet deckt sich flächenmäßig mit dem floristisch kartierten Gebiet (s. E.HELDT in diesem Heft ). Dort wie auch in der Arbeit von Herrn SMOLIS (im nächsten Heft) sind detaillierte Landschafts- und Biotopbeschreibungen zu entnehmen.

II. MATERIAL UND METHODEN

Die meisten Ergebnisse wurden in der Zeit von Ende September bis Anfang November 1979 gewonnen. In dieser Zeit war ich jeden zweiten Tag im Untersuchungsgebiet, in der anschließenden Zeit ( bis Februar 1981 ) nur noch gelegentlich.

Ein Teil der Daten ließ sich durch Zufallsbeobachtungen und Mitteilungen von Jägern und anderen Naturkennern gewinnen. Weitere Hinweise erhielt ich durch die Auswertung von Tierfährten in den folgenden Wintern.

Da Säugetiere sich überwiegend nachts betätigen und außerdem schwer wahrzunehmen sind, dienten Fallen dem mehr oder weniger automatischen Fang der Tiere. Es wurden unterschiedlich beköderte wie auch unbeköderte Fallen verwendet. Die Fallen wurden in gleichmäßigen Abständen entlang einer Grundlinie von 240 m Länge aufgestellt ( Linientaxierung ), so daß alle vorhandenen Biotope etwa entsprechend ihrem Flächenanteil berücksichtigt wurden. Die Auswertung dieser Fänge ergab den größten Teil der Untersuchungsdaten.

III. ERGEBNISSE

Die Artenfolge und die Nomenklatur erfolgt nach BRINK (1975):

1. Igel, Erinaceus europaeus (L.)
   Dürfte im trockeneren Teil wie auch im Buschgebiet als häufigere Art vorkommen. Konnte weder als Tod- noch Lebendfund nachgewiesen werden.


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2. Zwergspitzmaus, Sorex minutus (L.)
   Bevorzugt hohen Pflanzenwuchs; nicht unbedingt an Feuchtigkeit gebunden; nicht sehr häufig (26%)1)

3. Waldspitzmaus, Sorex araneus (L.)
   Häufigste der vorkommenden Soriciden im Bruch (58%) 1);
Weiterer Nachweis ( KROKER briefl. -1980)

4. Wasserspitzmaus, Neomys fodiens (Schreber
   Nur an den Ufern der Drainagegraben vorkommend; selten (16%) 1)

5. Maulwurf, Talpa europaea (L.)
   Nachweis anhand der Maulwurfshügel; häufig

6. Feldhase, Lepus capensis (L.)
   Saßen häufig in Grabennähe, wahrscheinlich wegen der besseren Deckung durch die höhere Vegetation; nicht sehr häufig

7. Ostschermaus, Arvicola terrestris (L.)
   Keine Lebend- oder Todfunde; Nachweis anhand der Gänge und aufgeworfenen Erdhaufen.

8. Erdmaus, Microtus agrestis (L.)
   Im Untersuchungsgebiet keine interspezifische Konkurrenz zur Feldmaus; weniger häufig (27%) 2)

9. Bisamratte, Ondatra zibethica (L.)
   Eine ungesicherte Beobachtung am Ententeich (eventuell auch Wanderratte); Standort erfüllt Lebensansprüche

10. Brandmaus, Apodemus agrarius (Pallas)
    Häufigste Langschwanzmaus (71%) 2) ; Die Art hat in unserer Gegend ihre westliche Verbreitungsgrenze; wahrscheinlich ist sie auf dem Rückgang nach Osten (BRINK 1975, S.90)

11. Wanderratte, Rattus norvegicus (Berkenhout)
    Als Kosmopolit dürfte sie auch im Bruch zuhause sein (s.a. 9.)

12. Rotfuchs, Vulpes vulpes (L.)
    Schneespur im Winter -1981/82 (Durchzügler ?)

13. Reh, Capreolus capreolus (L.)
    Von Herbst bis Frühling gesellig in kleinen Rudeln anzutreffen; häufig

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1) auf alle gefangenen Spitzmäuse bezogen
2) auf alle gefangenen Mäuse bezogen


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Die vorliegende Liste erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Hinweise, die die Liste ergänzen oder bestätigen werden gern entgegengenommen.

IV. AUSWERTUNG

Die im Untersuchungsgebiet festgestellte Artenzahl ist nicht sehr groß. Vergleicht man sie mit Literaturwerten (z.B. GAFFREY: Tabellarische Übersicht über die Lebensräume S.215 ff) so ist festzustellen, daß von den 17 in und am Wasser lebenden Säugetierarten 10 vorhanden sind. Die übrigen Arten: Feldhase, Fuchs und Igel sind für Feuchtgebiete zwar nicht typisch, finden aber auch dort sämtliche Existenzvoraussetzungen.

Ein Vergleich mit der "Roten Liste" (s. Literaturverzeichnis) weist von diesen 10 für Feuchtgebiete charakteristischen Säugetierarten zwei in der Gefährdungskategorie "Potentiell gefährdet" aus:
1.) Apodemus agrarius (=Brandmaus)
2.) Neomys fodiens (=Wasserspitzmaus)
Die Erhaltung dieser gefährdeten Arten ist nur möglich durch die Erhaltung ihres typischen Lebensraumes, das bedeutet auch, daß intensive Kulturmaßnahmen unterbleiben müssen.

Die Bedeutung einzelner Biotope für Arten- und Individuenreichtum erhellt die Abbildung auf der nächsten Seite.

Die vergleichsweise hohe Arten- und Individuendichte in den Feuchtbiotopen (Röhricht und Seggenried gefolgt von den Gräben) zeigt, wie wichtig nichtbewirtschaftete Landschaftsteile als Refugien für Kleinsäuger sind. Ursächlich verantwortlich für die hohen Dichten ist sicherlich die pflanzliche Mannigfaltigkeit der Feuchtstandorte (s. E.HELDT in diesem Heft), die eine ebensogroße Vielfalt an Säugetieren bedingt, die hier Nahrung, Verstecke und Fortpflanzungsmöglichkeiten finden.

V. LITERATUR

BRINK, F.H. VAN DEN (1975), Die Säugetiere Europas, 3. Auflage, Hamburg, Berlin

GAFFREY, G. (1961), Merkmale der wildlebenden Säugetiere Mitteleuropas, Leipzig

LAWRENCE, M.J. & R.V. BROWN, Mammals of Britain, London, Blandford Press

ROTE LISTE der in Nordrheinwestfalen gefährdeten Pflanzen u. Tiere (1979), LÖLF NW, Recklinghausen

SCHEIBENPFLUG, H. (1951), Fährten und Spuren, Gießen


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Verteilung der gefangenen Individuen und Artenzahlen von Mäusen (Muridae) und Spitzmäusen (Soricidae) über die charakteristischen Biotope des "Körbecker Bruchs".


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