EGGE-WESER 1985/01 Band 3 / Heft 1 25-28

Bemerkenswerte Ackerunkräuter am Weldaer Berg bei Warburg

Uwe Raabe

Südöstlich der Stadt Warburg liegt im südlichen Kreis Höxter das zuerst 1949 ausgewiesene Naturschutzgebiet "Weldaer Berg" (TK 25 4520.23). Es ist vor allem gekennzeichnet durch charakteristisch ausgebildete, artenreiche Kalkhalbtrockenrasen, in denen zahlreiche Wacholder stehen. Im Gegensatz zu den meisten anderen Kalkhalbtrockenrasen Westfalens werden die Flächen am Weldaer Berg noch regelmäßig durch Schafe beweidet. Zu den floristischen Besonderheiten der Halbtrockenrasen gehören unter anderem Heide-Günsel (Ajuga genevensis), Katzenpfötchen (Antennaria dioica) in Menge, Hügel-Meier (Asperula cynanchica), Knäuel-Glockenblume (Campanula glomerata), Echte Hundszunge (Cynoglossum officinale), Heide-Labkraut (Galium pumilum), Deutscher Enzian (Gentianella germanica), Mücken-Händelwurz (Gymnadenia conopsea), Sonnenröschen (Helianthemum nummularium), Hufeisenklee (Hippocrepis comosa), Sumpf-Kreuzblümchen (Polygala amarella), Schopf-Kreuzblümchen (P. comosa) Großblütige Brunelle (Prunella grandiflora)und Großer Ehrenpreis (Veronica teucrium).

Weitere bemerkenswerte Arten am Weldaer Berg sind zum Beispiel Orientalische Zackenschote (Bunias orientalis), Schwarznessel (Ballota nigra, ssp. nigra) und die Bunte Kronwicke (Coronilla varia). Der früher am Weldaer Berg gefundene Gemeine Andorn (Marrubium vulgare) (vgl. RUNGE 1978) konnte in den letzten Jahren leider nicht mehr bestätigt werden.

Innerhalb des Naturschutzgebietes und unmittelbar angrenzend sind einige zum Teil sehr flachgründige Äcker vorhanden. Sie sind seit langem als Standort vieler seltener, für skelettreiche Kalkäcker charakteristische Unkräuter bekannt. Bereits KOPPE (1955) und RUNGE (1958) wiesen auf das Vorkommen bemerkenswerter Ackerunkräuter am Weldaer Berg hin.


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1984 wurde am Weldaer Berg erstmals ein ca. 3 m breiter und 300 m langer Randstreifen eines unmittelbar an das Naturschutzgebiet angrenzenden Ackers nicht mit Herbiziden behandelt, entsprechend dem Projekt herbizidfreier Ackerrandstreifen in der Eifel (SCHUMACHER 1984). Im Frühjahr und Sommer 1984 wurde der Ackerrand mehrfach aufgesucht und eine Liste der vorkommenden Gefäßpflanzen angefertigt. Seltene und gefährdete Arten wurden - soweit möglich - ausgezählt.

Insgesamt wurden 60 Arten notiert. Besonders bemerkenswert ist das Vorkommen folgender Arten (Gefährdungsgrade nach FOERSTER et al. 1982):

Vom Aussterben bedroht (A.1.2)
- Sommer-Adonisröschen (Adonis aestivalis, 9 rote, 10 gelbe)
- Roggen-Trespe (Bromus secalinus, kleiner Bestand)
- Acker-Haftdolde (Caucalis lappula, 27 Ex.)
- Ackerkohl (Conringia orientalis, 2 Ex.)
- Acker-Goldstern (Gagea villosa, wenige sterile Ex.)
- Einjähriger Ziest (Stachys annua, 1 Ex.)

Stark gefährdet (A.2)
- Kleinfrüchtiger Leindotter (Gamelina microcarpa, ca. 100 Ex.)
- Kleiner Frauenspiegel (Legousia hybrida, zahlr.)
- Acker-Hahnenfuß (Ranunculus arvensis, 25 Ex.)
- Früher Ehrenpreis (Veronica praecox, ca. 350 Ex.)

Gefährdet (A.3)
- Acker-Steinsame (Buglossoides arvensis, zahlr.) 
- Feld-Rittersporn (Consolida regalis, ca. 340 Ex.) 
- Vaillants Erdrauch (Fumaria vaillanti, 45 Exemplare)

Außerdem
- Weinbergs-Lauch (Allium vineale, wenige Ex., im Acker nur vegetativ)
- Blauer Gauchheil (Anagallis foemina, wenige Ex.) 
- Ackerröte (Sherardia arvensis, wenige Ex.) 
- Gezähnter Feldsalat (Valerianella dentata, zahlr.) 
- Echter Feldsalat (Valerianella locusta)

Daneben wurden noch Steinquendel (Acinos arvensis), Acker-Fuchsschwanz (Alopecurus myosuroides), Acker-Hundskamille (Anthemis arvensis), Windhalm (Apera spica-venti), Flughafer (Avena fatua), Acker-Glockenblume (Campanula rapunculoides), Kleine Wolfsmilch (Euphorbia exigua), Sand-Mohn (Papaver argemone), Klatschmohn (Papaver rhoeas), Acker-Senf (Sinapis arvensis), Glänzender Ehrenpreis (Veronica polita) und andere festgestellt.


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Die meisten genannten Arten waren vereinzelt auch noch auf anderen Äckern oder an Wegrändern und Böschungen am Weldaer Berg und unmittelbar westlich des Autobahnzubringers, der L 837, zu finden. So wuchsen Adonis aestivalis (in Rot und Gelb) und Consolida regalis im Sommer 1984 in großer Menge am Rande zweier kleiner Äcker unmittelbar östlich und westlich des Autobahnzubringers. Als weitere, bisher nicht genannte Arten wurden noch festgestellt:

Verschollen (A.1.1)
- Acker-Trespe (Bromus arvensis, kleiner Bestand am Rande eines Ackers westlich des Autobahnzubringers, unter Umständen im Zuge des Autobahnbaus eingeschleppt)

(A.2)
- Wiesen-Goldstern (Gagea pratensis, auf den Äckern ebenso wie G. villosa nur vegetativ)
- Dreihörniges Labkraut (Galium tricornutum, wenige Ex.)
- Gefurchter Feldsalat (Valerianella rimosa, mehrfach und zum Teil zahlreich an Wegrändern und Böschungen, zum Beispiel an der Böschung des Autobahnzubringers)

(A.3)
Acker-Lichtnelke (Silene noctiflora, einige Ex.)

Außerdem
- Echter Knollenkümmel (Bunium bulbocastanum)
- Kornblume (Centaurea cyanus, wenige Ex.)
- Kleiner Orant (Chaenarrhinum minus)
- Knollen-Platterbse (Lathyrus tuberosus)
- Stengelumfassendes Hellerkraut (Thlaspi perfoliatum)

Das Vorkommen von Bunium bulbocastanum und Lathyrus tuberosus beschränkte sich im wesentlichen auf Feldraine und Böschungen. Die beiden Goldsternarten sind in Westfalen heute nur noch selten auf Äckern anzutreffen. Nach SCHNEDLER (1982) ist der Rückgang beider Arten in Hessen vermutlich darauf zurückzuführen, "daß heute allgemein wesentlich tiefer gepflügt wird, als dies in früheren Zeiten der Fall war."

Das zuletzt 1980 am Weldaer Berg in geringer Menge beobachtete Echte Tännelkraut (Kickxia elatine) wurde 1984 nicht gefunden. KOPPE (1955) gibt als weitere Art den Venuskamm (Scandix pecten-veneris) an. Vielleicht liegt bei dieser Angabe eine Verwechslung mit der von KOPPE nicht erwähnten Acker-Haftdolde vor.


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Am Weldaer Berg bei Warburg sind auch heute noch fast alle heimischen Getreideunkräuter der skelettreichen Kalkäcker vorhanden, darunter 18 in Nordrhein-Westfalen zum Teil akut vom Aussterben bedrohte Arten. Da die Ackerflächen in unmittelbarer Nachbarschaft oder sogar innerhalb der Abgrenzung eines Naturschutzgebietes liegen, wäre es zu begrüßen, wenn man hier gezielt weitere Maßnahmen zur Erhaltung der gefährdeten Vegetation durchführen könnte, zum Beispiel in Form eines Ackerwildkraut-Reservates. Optimal wäre die Wiederaufnahme einer historischen Dreifelderwirtschaft mit Winter-, Sommerfeld und Brache. Außer auf das Ausbringen von Herbiziden sollte dann auch auf das Ausbringen von chemischen Düngemitteln und Gülle verzichtet werden. Zur Förderung und zum Schutz ausdauernder Arten, zum Beispiel Acker- und Wiesen-Goldstern, sollten die Äcker nur noch flach gepflügt werden.

Es wäre erfreulich, wenn die artenreiche, für den Warburger Raum einst so charakteristische, farbenprächtige Flora auf den Äckern am Weldaer Berg auch langfristig erhalten werden könnte. Die Äcker am Weldaer Berg gehören heute sicherlich zu den artenreichsten und interessantesten in ganz Westfalen.

Literatur

Koppe, F. (1955): Über die Vegetationsverhältnisse im Muschelkalkgebiet von Welda, Kreis Warburg. - Natur und Heimat, Münster, 15, 1 - 16.

Runge, F. (1958): Die Pflanzengesellschaften des Naturschutzgebietes "Weldaer Berg", Kreis Warburg. - Natur und Heimat, Münster, 18, 115 - 121.

Runge, P. (1978): Die Naturschutzgebiete Westfalens und des früheren Regierungsbezirks Osnabrück. - Münster.

Schnedler, W. (1982): Über die beiden Goldstern-Arten unserer Äcker, Gagea pratensis (PERS.) DUM. und Gagea villosa (MB.) DUBY. - Göttinger Floristische Rundbriefe.16, 29-34

Schumacher, W. (1984): Gefährdete Ackerwildkräuter können auf ungespritzten Feldrändern erhalten werden. - LÖLF-Mitteilungen, Recklinghausen, 9, 14 - 20.

 

Anschrift des Verfassers:

Uwe Raabe, Holtfeld 43, D-4807 Borgholzhausen