EGGE-WESER 4 (1) 83-86 FESTSCHRIFT
zum 70. Geburtstag von
KURT PREYWISCH
Höxter 1987

Ein bisher unbekanntes Vorkommen der Trollblume (Trollius europaeus L.)
bei Borgentreich, Kreis Höxter

Hans Böttcher und Manfred Smolis

Aus dem Lehrgebiet Vegetationskunde der Universität -GH- Paderborn, Abt. Höxter

Die Trollblume ist wegen der Größe ihrer Blüten eine der auffälligeren Arten unserer Feuchtwiesen, wenn man sie auch zwischen den zu gleicher Zeit und in gleicher Farbe blühenden Hahnenfuß-Stauden (Ranunculus acris) oft erst beim zweiten Blick wahrnimmt, jedenfalls dann, wenn sie nur in geringerer Menge vorkommt. Weit genaueres Hinsehen ist allerdings erforderlich, wenn Trollius nicht blüht und auch keine Fruchtstände mehr vorhanden sind, da seine Grundblätter stark denen von Ranunculus acris und auch denen von Geranium sylvaticum ähneln. Ihre Hauptverbreitung hat die Trollblume auf feuchten oder quelligen Wiesen des höheren Berglandes in Calthion - oder anderen Molinietalia -Gesellschaften, auch wohl in den Goldhafer-Wiesen des Polygono - Trisetion. In den Alpen steigt sie bis über 2300 m auf (im Bereich der Bernina nach HEGI (1965: 82ff.) sogar bis über 3000 m) und steht dort oberhalb der natürlichen Waldgrenze in feuchteren Rinnen innerhalb der Urwiesen, z.B. des Caricion ferrugineae. Andererseits kennzeichnet die Trollblume durch ihr oft massenhaftes Auftreten den Aspekt bestimmter Feuchtwiesen in Schottland.

In unserem Raum hat Trollius europaeus Verbreitungsschwerpunkte in den Hochlagen einerseits des Sauerlandes und des Westerwaldes, andererseits des Harzes. In den tiefer liegenden Bereichen dazwischen gibt es sporadisch verteilt eine Anzahl von Fundpunkten, bei denen nicht immer sicher ist, ob sie natürlich sind oder ihr Vorhandensein einer, vielleicht schon lange zurückliegenden Ansiedlung durch den Menschen verdanken. Auch für die im Südteil des Kreises Höxter in der weiteren Umgebung von Borgentreich liegenden Fundorte lassen sich diese Zweifel nicht sicher ausräumen, zumal HELDT (1961) darauf hinweist, daß die Trollblumen gern zum Schmuck bei den Frohnleichnamsprozessionen gepflückt werden. Allerdings haben wir für den Hinweis, daß das Vorkommen der Trollblume hier auch mit dem im Warburger Raum auch heute noch verbreiteten Brauch der "Krautweihe" zusammenhängen könne, keine Anhaltspunkte finden können. HELDT, die sich mehrfach ausführlich mit der "Krautweihe" und den dabei verwendeten Pflanzenarten befaßt hat, gerade auch für ihren Heimatort Körbecke, in dessen

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Nähe sich das heute noch größte Vorkommen der Trollblume befindet, erwähnt sie in diesem Zusammenhang nicht (GOCKE 1935, HELDT 1982). Andererseits hat sie wiederholt über die Trollblume im Körbecker Bruch berichtet (HELDT 1961, 1981, 1983).

Im folgenden sollen die uns bekannt gewordenen Angaben über Trollius europaeus im Südteil des Kreises Höxter zusammengestellt werden. BECKHAUS schreibt dazu in seiner "Flora von Westfalen" (1893: 110): "... , Warburg auf Wiesen, zwischen Körbeke, Bühne, und Behrenteich in Menge. Nach Mitteilung von Reiss bei Peckelsheim auf den Spiegel'schen Wiesen, nahe der Stadtwiese, ...". (Schon HELDT wies 1961 darauf hin, daß es statt "Behrenteich" richtig Borgentreich heißen müßte.) Der Hauptwuchsort "zwischen Körbecke, Bühne und Borgentreich" ist das Körbecker Bruch (4421/2 + 4*). Hier sind die nassen Wiesen auch heute noch Anfang Juni mit Tausenden von Trollblumen-Blüten geschmückt. HELDT beschreibt in ihren Veröffentlichungen diesen Wuchsort sehr anschaulich, der zudem eine große Anzahl weiterer bemerkenswerter Pflanzenarten beherbergt. Einen ersten kurzen Bericht gaben bereits A. & Ch. NIESCHALK (1958). GRÖNITZ (1982) führte eine eingehende pflanzensoziologische Untersuchung des Gebietes durch. Er beschrieb dabei einen weiteren kleinen, vom Hauptvorkommen isolierten Bestand etwa 1 km nordöstlich (4421/2).

Während der Bestand im Körbecker Bruch also weiterhin besteht, ist der bei BECKHAUS erwähnte Fundort bei Peckelsheim (4320/4 oder 4420/2) wohl erloschen. Zwar wiederholt RUNGE (1972) in der 2. Auflage seiner "Flora von Westfalen" die Angabe, aber eine Nachsuche auf den heutigen Grünlandflächen um Peckelsheim blieb ergebnislos. Die Wiesen sind heute alle in einem Kulturzustand, der der Trollblume keineswegs zusagt. (RUNGE wiederholt übrigens auch die Angabe "... zwischen Körbeke, Bünne und Behrenteich ..." von BECKHAUS, mit dem weiteren Druckfehler Bünne statt Bühne, zusätzlich zur Angabe "Körbecker Bruch" mit Bezug auf NIESCHALK und HELDT, offensichtlich ohne zu merken, daß es sich bei diesen beiden Angaben um denselben Bereich handelt.)

Auch der zweite von HELDT (1961) beschriebene Fundort "in der Nähe der Oberen Mühle bei Borgentreich" (4421/2) konnte von uns nicht mehr bestätigt werden, wohl, weil auch hier die Standortbedingungen für Trollius nicht mehr gegeben sind.

Ein weiterer Fundort wird von KOPPE (1969) mitgeteilt: "Borgentreich, no vom Ort bei der Kapelle Klus-Edessen" (4321/4), mit Bezug auf eine Mitteilung von A. WIEMANN aus dem Jahre 1966. Dieser Fundort (richtige Schreibweise: Klus-Eddessen) liegt etwa 6 km nordöstlich Borgentreich, 3 km nördlich des Dorfes Bühne, wie alle anderen hier behandelten Orte im "Altkreis" Warburg (nicht, wie KOPPE angibt, Buren). Hierzu erfuhren wir von Herrn H. BRINKMANN, Detmold, daß dieser Fundort Herrn WIEMANN seit Anfang der 50er Jahre bekannt war. Damals wuchsen dort über hundert Pflanzen. 1966 zeigte Herr WIEMANN ihm die Fläche, die zu der Zeit mit Pappeln überpflanzt war. Die Zahl der Trollius-Pflanzen hatte bereits deutlich abgenommen. - Heute sind diese Pappeln groß, im Sommer mit einem hohen Brennessel-Kleblabkraut-Unterwuchs. Trollblumen konnten wir nicht mehr finden. Auch dieser Fundort muß also heute als erloschen gelten, wobei Nutzungsumstellung die Ursache für das Verschwinden ist.

Bei Kartierungsarbeiten entdeckten wir im Sommer 1982 einen weiteren kleinen Wuchsort von Trollius europaeus etwa 3 km nordwestlich Borgentreich (4421/1), der bis dahin anscheinend unbekannt war (BÖTTCHER & SMOLIS 1982). Ein gutes Dutzend Pflanzen standen dort am Rande einer sehr nassen Wiese zwischen einigen alten Kopfweiden. Die Vegetation der Wiese, die, ähnlich wie im Körbecker Bruch

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* Die Zahlen geben Nr. und Quadrant der Topographischen Karte 1 : 25000 an, vgl. auch Abb. 1.

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nur in trockenen Sommern gemäht werden konnte, ist in den Aufnahmen 1 - 3 der Tabelle 1 dargestellt, während Aufnahme 4 den Bestand zeigt, in dem die Trollblume wächst. Inzwischen ist die nasse Wiese im Rahmen eines Flurbereinigungsverfahrens entwässert worden (1984), die Vegetation hat sich so umgestellt, daß einige der nässezeigenden Pflanzenarten weitgehend verschwunden sind, wie z.B. Corex disticha, Corex gracilis, Dactylorhiza majalis. Lediglich der Randstreifen entlang eines Grabens mit der Trollblume befindet sich noch (1987) annähernd in dem damals vorgefundenen Zustand. Wie lange die Trollblume an diesem Fundort schon wächst, konnten wir nicht ermitteln.

Bei dem aufgezeigten Rückgang von Trollius europaeus im Südteil des Kreises Höxter, wie der allgemeinen Rückdrängung der Feuchtwiesenstandorte wäre ein Erhalt dieses Wuchsortes wünschenswert. Es erscheint sogar durchaus möglich, auch die angrenzenden Naßwiesen wieder in ihren früheren Zustand zurückzuversetzen mit der Hoffnung, daß sich die in Tab. 1 beschriebene Vegetation wieder einstellt.

Schriften:

BECKHAUS, K. -1893- Flora von Westfalen. Die in der Provinz Westfalen wildwachsenden Gefäßpflanzen. - Münster/Westf.: Aschendorff. (XXII, 1096 S.).

BÖTTCHER, H. & SMOLIS, M. -1982- Vegetationskundlich-faunistische Untersuchung möglicher Mülldeponie-Standorte im Kreis Höxter. - Barsinghausen-Barrigsen: Mskr. vervielf. (33 S.).

GOCKE, Elisabeth -1935- Die "Krautweihe" in Cörbecke (Kr. Warburg i. W.). - Abh. Westf. Prov.-Mus. 6: 3-29. Münster (Westf.).

GRÖNITZ, W. -1982- Die Vegetation als Grundlage für Schutz, Pflege und Entwicklung des zukünftigen Naturschutzgebietes "Körbecker Bruch", Krs. Höxter. - DiplArb. Studiengang Landespflege Univ. Paderborn, Abt. Höxter. (Unveröff.). (5, 93 S.).

HAEUPLER, H. -1976- Atlas zur Flora von Südniedersachsen. - Scripta geobot. 10: 1-367. Göttingen.

HEGI, G. -1965- Illustrierte Flora von Mitteleuropa. 2. Aufl. Bd. 3(3): 82 ff. - Berlin, Hamburg: Parey.

HELDT, Elisabeth -1961- Zum Vorkommen der Trollblume bei Borgentreich und Körbecke, Kreis Warburg. - Natur u. Heimat 21: 92. Münster (Westf.).

HELDT, Elisabeth -1981- Das Körbecker Bruch und seine Flora. - Egge-Weser 1 (2): 44-62. Höxter.

HELDT, Elisabeth -1982- Krautweihe im Warburger Land. Ein Beispiel für einen alten christlichen Brauch. - Hardehauser hist. Beitr. 10: 3-27. München, Paderborn, Wien: Schöningh.

HELDT, Elisabeth -1983- Das Körbecker Bruch, ein einmalig interessantes Feuchtgebiet in der Warburger Börde. - Jb. Kreis Höxter 1983: 103-111. Höxter.

KOPPE, F. -1969- Floristische Beobachtungen in Ostwestfalen. - Ber. naturw. Ver. Bielefeld 19: 71-95. Bielefeld.

NIESCHALK, A. & Ch(arlotte) -1958- Rösebecker und Körbecker Bruch im Kreis Warburg. - Natur u. Heimat 18: 11 -13. Münster (Westf.).

PREYWISCH, K., BRINKMANN, H., DETTMAR, J. HELDT, Elisabeth & RODE, M. -1982- Liste der Farn- und Blütenpflanzen, die im Kreise Höxter wild wachsen. - Egge-Weser 1 (3): 85-121. Höxter.

RUNGE, F. -1972- Die Flora Westfalens. 2. Aufl. - Münster (Westf.): Verlag Westf. Vereinsdruckerei. (550 S.).

Anschriften der Verfasser:

Prof. Hans Böttcher, An der Wilhelmshöhe 44, 3470 Höxter

Dipl.-Ing. Manfred Smolis, Haltenhoffstr. 217, 3000 Hannover 21