EGGE-WESER 5(2) Seite: 43-50 Höxter 1988

Beobachtungen zur Flora des Weserufers im Kreis Höxter

von Stefan Häcker

Im Laufe der Sommermonate sinkt der Wasserstand der Weser auf sein niedrigstes Niveau ab und der Fluß gibt die am längsten überschwemmte Zone zwischen Mittel- und Niedrigwasserlinie frei. Dies ist die beste Zeit, einen Lebensraum zu erkunden, der von Natur aus wie kaum ein anderer auffälligen dynamischen Prozessen hinsichtlich der Standort- und Vegetationsentwicklung unterworfen ist und der für den naturkundlich Interessierten stets Überraschungen bereithält.

Im Spätsommer 1988 habe ich stichprobenartig Uferpartien der Weser zwischen Bad Karlshafen und Stahle aufgesucht und floristische Beobachtungen entsprechend der Grundfeldeinteilung der Neukartierung der Flora von Höxter (Viertelquadrantenbasis) notiert. Die Weser durchfließt im Kreis Höxter 15 solcher Felder. Die von mir erfaßten Uferstreifen ergeben einseitig zusammengefaßt eine Länge von ca. 20 km.

Über die Vegetation bzw. die Flora des Weserufers in unserem Flußabschnitt habe ich bislang nur sehr wenige veröffentlichte Arbeiten gefunden. SCHWIER hat 1933 ausdrucksvoll beschrieben und kommentiert. In seinem Bericht erfolgt gleich zu Beginn die Anregung: "Weiter nordwärts untersucht Ihr dann später das Stromufer auf eigene Faust und seht, ob es da auch stimmt". Später berichtet PREYWISCH (1964) über die Ausbreitung des Drüsigen Springkrautes im Weserbergland. Seither hat sich das Pflanzengefüge am Weserufer weiter verändert. Im Vergleich zu "attraktiveren" Landschaftselementen ist dieser Bereich aber offensichtlich von naturkundlicher Seite bisher vernachlässigt worden, obwohl unser Raum ansonsten von Floristen und Vegetationskundlern gut frequentiert ist.

Mit den folgenden Ausführungen möchte ich daher die Aufmerksamkeit auf diesen vom Menschen zwar stark beeinträchtigten, aber dennoch vom biologischen Inventar und Potential her interessanten und noch immer bedeutenden Lebensraum lenken. Die Beschränkung auf den unmittelbaren Uferbereich verkennt dabei nicht die dringende Notwendigkeit einer Gesamtschau der Weseraue, wobei naturnahe Restelemente des ursprünglichen Flußauensystems besonders beachtet werden sollten. Gedanken hierzu teilen auch GERKEN & BARNA (1987) mit.

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Zusammenfassung der Vorkommen bemerkenswerter Pflanzenarten

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Vegetation am Weserufer

Sofern nicht der Mensch die Ufer als Promenade oder Hafenanlage umgestaltet hat oder als Weideland nutzt, wird die Weser heute von einem deutlich zweigeteilten Ufersaum begleitet. Der Bereich zwischen Niedrig- und Mittelwasserlinie ist lange Zeit überschwemmt und kann erst spät im Jahr während der Sommer- und Herbstmonate von Pflanzen besiedelt werden. Daher wachsen hier überwiegend einjährige Pflanzenarten, die diesen Gegebenheiten durch ihren kurzen Lebenszyklus gut angepaßt sind. Auffällig davon abgegrenzt ist der Bereich oberhalb des Mittelwasserstandes. Bis zur mittleren Hochwassermarke, die meist eine deutliche Geländekante gegen angrenzende ebene Flächen bildet, prägen hochwüchsige Staudenfluren die Vegetation. Nur vereinzelt deuten Strauch- und baumförmige Weidenarten darauf hin, daß sich hier die Zone der Weichholzaue erstreckt (BITTMANN in LOHMEYER 1969) und die Hochstaudenflur eine Ersatzgesellschaft bildet.

Der zunächst offene Spülsaum der Niedrigwasserrinne wird im Sommer rasch von kurzlebigen Pflanzen der Schlammufergesellschaften (Bidentetea), und hier insbesondere der Teichufer-Gesellschaften (Bidention) und Flußmeldenfluren (Chenopodion rubri) besiedelt. Regelmäßig treten Arten der Hackfrucht- und Getreideäcker (Chenopodietea, Secalietea) und auch mehrjährige Pflanzen, vor allem aus angrenzenden Hochstaudengesellschaften dazu. Letztere müssen allerdings später der Flut weichen, ohne sich fortgepflanzt zu haben. Doch stellt ein ständiger Samennachschub sicher, daß sie sich alljährlich zusammen mit den Einjährigen wieder einfinden. Die folgenden einheimischen Pflanzenarten sind in dieser Zone entlang des gesamten Weserufers verbreitet und zum Teil sehr häufig:

Spieß-Melde (Atriplex hastata)
Dreiteiliger Zweizahn (Bidens tripartita)
Weißer Gänsefuß (Chenopodium album)
Graugrüner Gänsefuß (Chenopodium glaucum)
Vielsamiger Gänsefuß (Chenopodium polysperum)
Roter Gänsefuß (Chenopodium rubrum)
Sumpf-Ruhrkraut (Gnaphalium uliginosum)
Kröten-Binse (Juncus bufonius)
Geruchlose Kamille (Matricaria maritima agg.)
Gemeiner Wasserdarm (Myosoton aquaticum)
Mittlerer Breitwegerich (Plantago intermedia)
Vogel-Knöterich (Polygonum aviculare agg.)
Ampfer-Knöterich (Polygonum lapathifolium)
Floh-Knöterich (Polygonum persicaria)
Einjähriges Rispengras (Poa annua)
Gift-Hahnenfuß (Ranunculus sceleratus)
Kleinblütige Sumpfkresse (Rorippa palustris)
Wilde Sumpfkresse (Rorippa sylvestris)
Rauhe Gänsedistel (Sonchus asper)
Kohl-Gänsedistel (Sonchus oleraceus)
Vogelmiere (Stellaria medio agg.)

Zu den besonders auffälligen Erscheinungen dieses Sommer-Spülsaumes gehören die Gänsefuß- und Meldenarten. LOHMEYER (1980) bezeichnet Chenopodium glaucum und Chenopodium rubrum "geradezu als Jauchepflanzen". Ihr verbreitetes Auftreten am Weserufer ist sicherlich auch hier als Zeiger für die starke Verschmutzung zu werten. Auch die Ausbreitung salzzeigender Pflanzen, die im folgenden noch Erwähnung finden, kennzeichnet die schlechte Wasserqualität des

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Flusses. Insgesamt ist dieser nur wenige Meter breite Uferstreifen sehr artenreich. Mehr als 125 Pflanzenarten konnten hier beobachtet werden.

Im Übergangsbereich zur Hochstaudenflur (Mittelwasserlinie) sind gelegentlich linienförmige Röhrichtbestände aus Schlank-Segge (Carex gracilis) oder Meerbinse (Bolboschoenus maritimus) anzutreffen. Das flußbegleitende Rohrglanzgrasröhricht und auch Schilfbestände durchmischen sich dagegen auch in höheren Partien mit der Hochstaudenflur. Häufige Pflanzenarten der Röhrichtzone sind:

Wasser-Knöterich (Polygonum amphibium var. terrestre)
Gemeiner Gilbweiderich (Lysimachia vulgaris)
Blutweiderich (Lythrum salicaria)
Sumpf-Ziest (Stachys palustris)

Wo in diesem Bereich das Ufer durch Kopfsteinpflaster befestigt ist, bildet die Zusammengedrückte Binse (Juncus compressus) stellenweise Reinbestände. Häufig bedecken auch die weithin kriechenden Fingerkrautarten Potentilla anserina und Potentilla reptans vollständig das Gestein.

Oberhalb der Mittelwasserlinie herrschen die Pflanzen der Beifuß-Klettenfluren (Artemisietea) vor. Sie besiedeln allesamt, wie auch die bereits vorher genannten Schlammuferpflanzen stickstoffreiche Standorte. Im Gegensatz zu jenen profitieren die Bestände jedoch von dem geringeren Hochwassereinfluß, so daß sie einerseits einen Wachstumsvorsprung nach Zeit und Größe aufweisen und zum anderen hauptsächlich aus mehrjährigen Arten aufgebaut sind. Mannshohe einheimische Pflanzen wie der Knollige Kälberkropf (Chaerophyllum bulbosum), die Krause Distel (Carduus crispus), die Große Klette (Arctium lappa), der Gemeine Beifuß (Artemisia vulgaris) oder das seltenere Fluß-Kreuzkraut (Senecio fluviatilis) prägten bisher das Bild dieser beeindruckenden Formation. Sie werden seit einiger Zeit aber zunehmend von zum Teil noch höherwüchsigen Neubürgern unserer Flora (Neophyten) verdrängt. Diese nutzen den Fluß als Wanderstraße zu ihrer Ausbreitung und finden in den Lücken der Staudenfluren stets Ansiedlungsmöglichkeiten wie z.B. das Drüsige Springkraut (Impatiens glandulifera) und die Glanz-Melde (Atriplex niteris).

Zwei weitere auffällige Pflanzen dieser Hochstaudenfluren sind die Zaunwinde (Calystegia sepium), eine krautige Liane, die sich an den kräftigen Pflanzen emporklimmt und als dichter Schleier über ihnen ausbreitet und die Nesselseide (Cuscuta europaea), die auf Brennessel, Zaunwinde oder Beifuß schmarotzt und deren Stengel umwindet.

Bemerkenswerte Pflanzenarten des Weserufers

Die eingangs beschriebenen Uferzonen sind Wuchsorte etlicher bemerkenswerter Pflanzen, von denen hier die bedrohten Arten der "Roten Liste", die unbeständigen und seltenen einheimischen Arten und die Neophyten besondere Erwähnung finden sollten.

1. Arten der "Roten Liste" (LÖLF 1986)

Gemeine Strandsimse, Meerbinse (Bolboschoenus maritimus)
Die Strandsimse bildet, vor allem in den Schlammbereichen von Buhnenfeldern kleinere Herden. Die salzzeigende Pflanze wurde in allen 15 Grundfeldern angetroffen. RUNGE (1972) erwähnt die Ausbreitung der Art infolge des zunehmenden Salzgehaltes der Fließgewässer.

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???... ist im wesentlichen eine Kopfsteinpflasterfläche beidseitig einer Gewässerzufahrt aus Verbundstein in Höhe des alten Bahnhofs.

Gemeiner Salzschwaden (Puccinellia distans)
- stark gefährdet / vom Aussterben bedroht-
Die Art wurde nur an 2 Stellen, bei Lüchtringen und Wehrden in jeweils Einzel- bis wenigen Exemplaren am Weserufer gefunden.

Fluß-Kreuzkraut (Senecio fluviatilis)
- stark gefährdet-
Das Fluß-Kreuzkraut wächst in zur Blütezeit weithin sichtbaren Trupps von meist nur wenigen Quadratmetern Flächengröße am oberen Rand der Hochstaudenbestände. Die Pflanze wurde nur in 6 Grundfeldern beobachtet (nördliche von Stahle in Höhe der Großen Masch, zwischen Godelheim und Wehrden, bei Würgassen und Herstelle). Die Fundpunkte liegen mit Ausnahme von Würgassen / Herstelle außerhalb, nach der Angabe von RUNGE (1972) und HAEUPLER (1976). Nach SCHWIER (1933) wuchs Senecio fluviatilis seinerzeit schon an der Weser nur recht lückenhaft. Laut ELLENBERG (1979, S. 370) wird die Art von Neophyten verdrängt. Wahrscheinlich tragen Gestaltungs- und Erschließungsmaßnahmen sowie Beweidung im Bereich der oberen Uferzonen zusätzlich zum Rückgang bei.

Salz-Schuppenmiere (Spergularia marina)
- vom Aussterben bedroht-
Dieser einzige echte Salzzeiger (obligate Halophyt) am Weserufer wurde in 14 der 15 Grundfelder angetroffen! Der Art wächst vor allem in den Schlamm- und Sandfeldern von Buhnen stellenweise zahlreich, während sie ansonsten meist nur in Einzelexemplaren auftritt. RUNGE (1972) erwähnt Spergularia marina für die Weser noch gar nicht. In HAEUPLER (1976) sind Nachweise für zwei Quadranten angegeben. Die Florenliste NRW (WOLFF-STRAUB et al. 1988) enthält den Hinweis auf "die Ausbreitung von Spergularia marina entlang der Weser", die "bei der Angabe der Gefährdungsgrade nicht berücksichtigt" wurde.


2. Unbeständige einheimische Arten

Niedriges Fingerkraut (Potentilla supina)
Das Niedrige Fingerkraut wurde als blühendes Einzelexemplar auf Schlammboden am Weserufer südlich von Blankenau gefunden. Nachweise aus dem hiesigen Raum datieren nach RUNGE (1972) und HAEUPER (1976) fast durchweg vor 1950.

Strand-Ampfer (Rumex maritimus)
Auch der Strand-Ampfer konnte nur an einer Stelle (nördlich von Stahle) als Einzelpflanze sicher nachgewiesen werden.

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Neophyten und Ephemerophyten

Eine Gruppe von Pflanzenarten, die inzwischen das Bild weiter Teile der Ufer-Hochstauden mitprägen, gehört nicht zu unserem ursprünglichen Florenbestand. Beheimatet in Nordamerika oder Asien, sind diese als Neophyten bezeichneten Arten meist als Zierpflanzen in Gärten und Parks gelangt und haben sich von dort ausgebreitet. Wenn sie sich selbständig über mindestens drei Pflanzengenerationen vermehrt und an ihrem neuen Standort erfolgreich gegenüber der Konkurrenz behauptet haben, gelten sie als eingebürgert (vgl. DIEKJOBST 1988). Einige dieser Neubürger sind infolge ihres stattlichen Wuchses und oft gleichzeitig dichter Herdenbildung durch Wurzelausläufer außerordentlich konkurrenzstark und unduldsam gegen andere Arten. Stellenweise haben sie die angestammten Hochstauden bereits verdrängt.

Die Dominanz der einzelnen Neophyten entlang des hier betrachteten Weserabschnittes unterscheidet sich jedoch durchaus von derjenigen an anderen Flüssen. In den Hochstaudenfluren überall stark verbreitet sind das Drüsige Springkraut (Impatiens glandulifera), das häufig mannshohe Massenbestände und im Sommer weithin auffällige Blütenaspekte bildet, weiterhin mit ähnlichem Verhalten die Glanz-Melde (Atriplex niten), die von RUNGE (1972) noch gar nicht für unseren Bereich angegeben wird und sich wohl noch weiter ausbreitet sowie die weniger stattliche Lanzett-Aster (Aster lanceolatus), der SCHWIER 1933 bereits eine eigene Zone zusammen mit anderen Astern zuschreibt.

Weit spärlicher und jeweils nur in Einzelexemplaren kommt dagegen die Echte Engelwurz (Angelica archangelica) vor. Andere konkurrenzkräftige und sehr "aggressive" Neophyten, die gerade auch an Flußläufen andernorts in besonders starker Ausbreitung begriffen sind (vgl. DIEKJOBST 1988, LOHMEYER 1969 und 1971), spielen an der Weser bisher noch keine nennenswerte Rolle. Es sind dies Topinambur (Helianthus tuberosus) mit zwei Beständen bei Lauenförde und Herstelle, Riesen-Bärenklau (Heracleum montegazzianum), der an zwei Stellen oberhalb der Mittelhochwasserlinie (Radweg am Kiekenstein, Steinbruch am Karthagenberg) vorgefunden wurde, sowie die Goldrutenarten Solidago canadensis und Solidago gigantea in zerstreuten kleinen Trupps und der Japanische Knöterich (Reynoutria japonica), der nur einmal, unterhalb des Karthagenberges, als Reinbestand in den Ufer-Hochstauden anzutreffen war.

Weitere Neophyten finden sich auch mehr oder weniger regelmäßig im Sommer-Spülsaum, ohne hier jedoch den angestammten heimischen Arten merkliche Konkurrenz zu machen. In allen Grundfeldern kommen der Schwarzfrüchtige Zweizahn (Bidens frondosa), Zottiges Franzosenkraut (Galinsoga ciliata) und Strahllose Kamille (Matricaria discoidea) sowie wohl auch das Drüsige Weidenröschen (Epilobium adenocaulon) vor. Zerstreuter anzutreffen ist der Kleine Orant (Chaenorrhinum minus) und der Europäischen Sauerklee (Oxalis europaea). Nur mit jeweils einem Fundpunkt sind der Gemeine Stechapfel (Datura stramonium) nördlich von Stahle, die Mähnen-Gerste (Hordeum jubatum) bei Wehrden und die Spring-Wolfsmilch (Euphorbia lathyris) nördlich von Lüchtringen vertreten.

Unter den Einwanderern, die den offenen Spülsaum zur Ansiedlung nutzen, gibt es nun auch solche, die es bisher nicht geschafft haben, hier richtig Fuß zu fassen. Ihr Vorkommen hängt ab vom stetigen Samennachschub etwa aus Gärten oder Abwässern und ist daher oft sehr unregelmäßig. In der Florenliste NRW (WOLFF-STRAUB et al. 1988) sind diese Arten als "Ephemerophyten" eigens aufgeführt. Am Weserufer waren hiervon folgende zu beobachten: Dill (Anethum graveolens) an vier Stellen bei Albaxen Boffzen, Wehrden und Blankenau, Borretsch (Borago officinalis) als Einzelexemplar nördlich von Stahle, Sonnenblume (Helianthus annuus) in 6 Grundfeldern einzeln bis mehrfach in den Hochstauchenfluren, Kartoffel-Rose (Rosa rugosa) als Einzelpflanze bei Holzminden und Tomate (Solanum lycopersicum) in allen Grundfeldern relativ zahlreich.

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Allein die Zuordnung der Tomate zu dieser Gruppe von Pflanzen muß zumindest bezogen auf das Weserufer überprüft werden. Sicherlich wird der Samennachschub über ungereinigte Abwässer (vgl. LOHMEYER 1970) ein Grund für die regelmäßige Verbreitung der Art am Weserufer sein. Viele Tomaten gelangen aber auch zum Herbst hin zur Ausbildung reifer Früchte, wie es Anfang Oktober an der Weser mehrfach zu beobachten war, und vermehren sich also auch eigenständig.

Gefährdung und Naturschutz

Das Weserufer ist trotz seiner vielfältigen Beeinträchtigungen durch menschliche Nutzungen auch heute noch Lebensraum einer bemerkenswerten Flora und Fauna. Die Tatsache, daß viele der ursprünglich hier beheimateten Arten bereits als besonders gefährdet gelten müssen, ist ein Hinweis auf Veränderungen im ökologischen Gefüge, die Gegenmaßnahmen erfordern.

Bezogen auf den Uferbereich sind direkte Eingriffe in den Vegetationsbestand in Form von Ufergestaltung, Befestigungen und durch Beweidung offensichtlich. Allein während der kurzen Kartierungszeit wurden Hochstaudenfluren bei Lüchtringen und Godelheim durch die Anlage von Promenaden und gepflegten Radwegebegleitstreifen beseitigt. Für die Arten, die vornehmlich nur noch am oberen Rand der Staudenbestände siedeln, stellen solche Maßnahmen ein hohes Gefährdungsmoment dar. Dazu bergen Erdarbeiten die Gefahr der Einschleppung neuer Fremdlinge, wie etwa des Riesen-Bärenklau oder anderer der genannten expansiven Neophyten. Die Beweidung der Uferstreifen ist, zumal sie großflächig wirksam wird, ein weiterer Eingriff der das Aufkommen natürlicher Vegetation verhindert bzw. diese weiter zurückdrängt. Erst allmählich sichtbare Veränderungen haben sich im Laufe der Zeit durch Verschlechterung der Wasserqualität und durch Konkurrenzverschiebungen infolge der Einwanderung neuer Pflanzen ergeben. Als Gründe für den Rückgang oder das Verschwinden von Arten wiegen diese Faktoren gewiß ähnlich schwer wie die direkten Eingriffe.

Naturschutzbemühungen müssen daher sowohl auf die grundsätzliche Forderung der Gewässerreinhaltung und -renaturierung, als auch auf die Bestandserfassung und den Schutz der noch vorhandenen naturnahen Restelemente als Sofortmaßnahme ausgerichtet sein. Mit der Sicherung und Entwicklung natürlicher und naturnaher Landschaft in all ihrer Vielfalt tragen diese Maßnahmen wesentlich zum Erhalt von Lebensqualität bei. SCHWIER (1933) hat dies zum Schluß seines Aufsatzes in den Aufruf gefaßt: "Überseht dies herrliche Bild nicht, ihr Paddler auf dem Flusse. Schützt die Ufer, ihr Anwohner! Sind sie denn nicht viel tausendmal schöner als - leider - am größten Teil der Mittelweser, wo man so lange gehackt und gerodet hat, bis alles kahl und nüchtern dreinschaut wie die personifizierte Habsucht? Liegt euch soviel an ein paar Maulvoll Gras für eure Kühe, so wenig an ein paar Augen voll Herzensfreude?"

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Literatur:

DIEKJOBST, H. -1988- Neubürger in der Flora Nordrhein-Westfalens. - Natur und Landschaftskunde 24 (2) : 33 - 38 und 24 (3): 65 - 71. Hamm

ELLENBERG, H. -1978- Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen. 2. Aufl. - Stuttgart: Verlag Eugen Ulmer, (l -981).

GERKEN, B. & BARNA, O. -1987- Uferbewohnende Laufkäfer (Coleoptera: Carabidae) im Weserbergland (Kreise Höxter und Holzminden. - Egge-Weser 4 (1): 45 - 61. Höxter.

HAEUPLER, H. -1976- Atlas zur Flora von Südniedersachsen. -Scripta geobot. 10: l - 367. Göttingen.

LANDESAMT für ÖKOLOGIE, LANDSCHAFTSENTWICKLUNG und FORSTPLANUNG NRW -1986- Rote Liste der in Nordrhein-Westfalen gefährdeten Pflanzen und Tiere. -Schr. R. d. LÖLF NW 4: l - 244. Münster.

LOHMEYER, W. -1969- Über einige bach- und flußbegleitende nitrophile Stauden und Staudengesellschaften in Westdeutschland und ihre Bedeutung für den Uferschutz. - Natur und Landschaft 44 (10): 271 - 273. Stuttgart.

LOHMEYER, W. -1970- Über das Polygono-Chenopodietum in Westdeutschland unter besonderer Berücksichtigung seiner Vorkommen am Rhein und im Mündungsgebiet der Ahr. -Sehr. R. f. Vegetationsk. 5: 7-28. Bonn - Bad Godesberg.

LOHMEYER, W. -1971- Über einige Neophyten als Bestandsglieder der bach- und flußbegleitenden nitro-philen Staudenfluren in Westdeutschland. - Natur u. Landschaft 46 (6): 166 -168. Stuttgart.

PREYWISCH, K. -1964- Vorläufige Nachricht über die Ausbreitung des Drüsigen Springkrautes (Impatiens glandulifera ROYLE) im Wesergebiet. - Natur. Heimat 24 (5): 101 - 104. Münster.

RUNGE, T. -1972- Die Flora Westfalens. 2. Aufl. - Münster: Verlag Westf. Vereinsdruckerei, (l - 550)

RUNGE , F. -1980- Die Pflanzengesellschaften Mitteleuropas. 6. / 7. Aufl. - Münster: Aschdorf, (l - 278)

SCHWIER, H. -1933- Am Weserufer, - Teutoburger Wald u. Weserbergl. 7 (7): 3-5. Bielefeld.

WOLFF-STRAUB, R., BANK - SIGNON, I., FOERSTER, E., KUTZELNIGG, H., LIENENBECKER, H., PATZKE, E., RAABE, U., RUNGE F. & SCHUMACHER, W. -1988- Florenliste von Nordrhein-Westfalen. - Schr. R. d. LÖLF NW 7: l - 128. Münster.