Die Buchenwälder im Kreis Höxter

Heiko Köstermeyer, Frank Grawe, Iris Simon und Burkhard Beinlich 

EGGE-WESER Band 15 Seiten 49-60 2002

 

Die Buchenwälder im Kreis Höxter

Heiko Köstermeyer, Frank Grawe, Iris Simon und Burkhard Beinlich

Einleitung

Buchenwälder gehören zu den auffälligsten und häufigsten Lebensräumen Deutschlands und sind z.B. als klassischer Hallenbuchenwald praktisch jedem bekannt. Der erste Eindruck dieser Wälder vermittelt oft das etwas monotone Bild eines einheitlichen, nur aus einer Baumart aufgebauten Waldes mit nur schwach und artenarm entwickelter Kraut- und Strauchschicht. Trotz der relativen Artenarmut gehören Buchenwälder zu den vegetationskundlichen Besonderheiten Deutschlands. Die Rotbuche (Fagus sylvatica) besitzt ihren weltweiten Verbreitungsschwerpunkt in Mitteleuropa (Abb.1). Außerhalb Europas kommen „Buchenwälder“ nur noch im südlichen Südamerika und auf Neuseeland vor; dort sind allerdings die Südbuchen (Nothofagus spp.) anstatt der bei uns heimischen Rotbuche bestandsbildend.

Abb. 1: Verbreitung der Buchenwälder in Europa (aus Ellenberg 1996)

Aufgrund der weiten Verbreitung der Rotbuche in Mitteleuropa und der Vielzahl der besiedelten Standorte hat sich in den letzten 5000 Jahren eine große Zahl von Buchenwaldgesellschaften herausgebildet.

Während im Tiefland und in den unteren Berglagen überwiegend von der Buche dominierte Waldgesellschaften mit nur geringen Beimengungen anderer Baumarten vorkommen, treten mit steigender Höhenlage auch vermehrt Nadelgehölze wie die Tanne (Abies alba) in den Buchenwäldern auf und bilden Tannen-Buchenwälder.

Tabelle 1 gibt einen Überblick über die nach Ellenberg (1996) in Mitteleuropa vorkommenden Buchenwälder. In West- und Osteuropa sowie in den italienischen Apenninen treten weitere, hier ebenso wie die montanen und subalpinen nicht näher behandelte Gesellschaften hinzu.

Tabelle 1: Buchenwälder Mitteleuropas
(verändert nach
Ellenberg 1996 & Ssymank 1998)

Natura 2000 Code

Deutscher Name

Wissenschaftlicher Name

Buchenwälder vom Tiefland bis in untere Berglagen

9150

Trockenhang-Kalkbuchenwälder

Cephalanthero-Fagenion

9130

Mull-Buchenwälder

Asperulo-Fagenion

9110

Moder-Buchenwälder

Luzulo-Fagenion

Buchenwälder und Tannen-Buchenwälder der mittleren und hohen Berglagen

9130

Alpenheckenkirschen-Buchenwälder und Tannen-Buchenwälder

Lonicero alpigenae-Fagenion


Labkraut-Tannenwälder

Galio rotundifolii-Abietenion

9140

Bergahornreiche Hochlagen-Buchenwälder

Aceri-Fagenion


Buchenwälder außerhalb des engeren Mitteleuropas


Drüsenzahnwurz-Buchenwälder und Buchen-Tannenwälder

Dentario glandulosa-Fagenion


Hasenglöckchen-Buchenwälder

Hyacinthoides-Fagenion


Sternhyazinthen-Buchenwälder

Scillo-Fagenion


Im Kreis Höxter kommen aufgrund der Höhenlage nur die drei Buchenwälder des Tieflandes (Trockenhang-Kalkbuchenwald, Mull- und Moderbuchenwälder) vor.

In der potentiellen natürlichen Vegetation Deutschlands würden Buchenwälder die dominierende Vegetationsform darstellen. Der überwiegende Teil Deutschlands, mit Ausnahme von Sonderstandorten mit besonders nassen oder trockenen Böden, wäre von Buchenwäldern oder Buchenmischwäldern bedeckt und dies, obwohl die Buchenwaldformationen zu den vegetationsgeschichtlich eher jüngeren Waldgesellschaften in Deutschland gehören.


Abb. 2: Wiederausbreitung der Buche nach der letzten Eiszeit
(aus Ellenberg 1996, Zahlen und Schattierungen geben den prozentualen Anteil der Rotbuchen-Baumpollen an.)

Während der letzten Eiszeit besaß die Buche nur noch kleinere Rückzugsgebiete in Südfrankreich und auf der Balkanhalbinsel. Für die Wiederausbreitung benötigte die Buche mehrere tausend Jahre. Ihr heutiges Verbreitungsgebiet erreichte sie erst um Christi Geburt (vgl. Abb.2). Während der allmählichen Vergrößerung des Verbreitungsgebietes dürfte das Aussehen des Buchenwaldes sich immer wieder geändert haben. Dies gilt um so mehr, als der Mensch zumindest in den letzten Jahrtausenden die Landschaft um sich herum intensiv beeinflußte und auch das Erscheinungsbild des Waldes stark prägte. Einerseits wurde der Wald und damit auch der Buchenwald durch die Urbarmachung von Land in seiner Fläche stark zurückgedrängt, andererseits erfolgte aber auch schon früh eine mehr oder weniger intensive Nutzung der Wälder für die Brennholzgewinnung und als Waldweide. Höhepunkt dieser Entwicklung war das Mittelalter, als die Wälder in Mitteleuropa stark devastiert, große Flächen waldfrei und die Wälder wesentlich lichter als in der Gegenwart waren. Wirkliche Urwälder, die weitgehend frei von menschlichen Einflüssen sind, existieren bereits lange nicht mehr. Alle heute bei uns anzutreffenden Buchenwaldgesellschaften sind in ihrer Entstehung stark durch den Menschen geprägt worden und nähern sich im Erscheinungsbild den „natürlichen“, uns aber nicht überlieferten Gesellschaften lediglich an.

Die Ausbreitung der Buche und ihre „theoretische“ Dominanz bei den heutigen Klimaverhältnissen in von Menschen unbeeinflußten Wäldern im Mitteleuropa ist auf die hohe Konkurrenzkraft der Buche zurückzuführen. In der Praxis jedoch unterliegen seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert fast alle Wälder Deutschlands der Forstwirtschaft, und die hier wachsenden Baumarten werden durch die Forstwirtschaft bestimmt.

Die Buche verfügt über gute Wachstumsleistungen in einem weiten Bereich von feuchten bis mäßig trockenen und sauren bis alkalischen Standorten. Als Schattbaumart ist sie in der Lage, bereits unter dem Kronendach eines bestehenden Waldes bei nur geringen Lichtmengen heranzuwachsen. Nach dem Zusammenbruch des alten Baumbestandes weist sie zumeist ein wesentlich schnelleres Höhenwachstum als konkurrierende Baumarten wie z.B. die Eiche auf und nimmt diesen damit das zum Wachstum benötigte Licht. Nur Esche (Fraxinus excelsior), Berg- und Spitz-Ahorn (Acer pseudoplatanus et A. platanoides) besitzen ein vergleichbares Jugendwachstum (Ellenberg 1996).

Die Vermehrung der Buche erfolgt, ähnlich wie bei der Eiche, vor allem in guten Mastjahren, wenn alle Buchen gleichzeitig eine hohe Samenproduktion aufweisen. In stark aufgelichteten Wäldern, wie sie früher z.B. durch die Waldweide entstanden sind, oder auf waldfreien Standorten gelangt die Buche ohne menschliche Hilfe erst nach der Ausbildung eines weitgehend geschlossenen Kronendaches des Waldes wieder zur Vorherrschaft. Hier bilden sich Sukzessionsreihen aus, in denen am Anfang Lichtbaumarten wie die Birke (Betula pendula) oder Esche und später u.a. auch Eichen dominieren, die danach von der Buche wieder verdrängt werden. Aktuell lassen sich diese Vorgänge gut in den gepflanzten lichten Eichehutewäldern des Sollings, Reinhardswaldes und im „Urwald“ um die Sababurg beobachten.

Bei der hohen Konkurrenzkraft der Buche und ihrer natürlichen Dominanz stellt sich die Frage nach der Notwendigkeit des Schutzes von Buchenwäldern. Sie ergibt sich aus der weitgehend auf Mitteleuropa beschränkten Verbreitung der Buchenwälder (s.o.), insbesondere der nur hier vorkommenden Buchenwaldgesellschaften. Vergleichbar ist dies mit solch einzigartigen Ökosystemen wie dem Wattenmeer oder Tier- und Pflanzenarten, die überwiegend in Mitteleuropa vorkommen, wie z.B. dem Rotmilan (Milvus milvus). Darüber hinaus weisen Buchenwälder, wie praktisch jeder Lebensraumtyp, an sie besonders angepaßte Tier- und Pflanzengemeinschaften auf, für deren Überleben die Buchenwälder von hoher Bedeutung sind. Neben der allgemeinen Verantwortung sind jedoch auch reale Gefährdungen (z.B. Förderung von Nadelhölzern auf Buchenstandorten) Grundlage für das Schutzbedürfnis unserer Buchenwälder und die Aufnahme in die FFH-Richtline.

In Deutschland gehören Wälder zu den wenigen noch großflächig vorkommenden naturnahen Lebensräumen. Mit einem Flächenanteil von etwa 30 % an der Gesamtfläche Deutschlands bestimmen Wälder nach der Landwirtschaft das Landschaftsbild. Buchenwälder gehören mit einem Anteil von 16 % am Gesamtwaldbestand zwar zu den häufigeren Waldtypen in Deutschland und Nordrhein-Westfalen. Durch die forstwirtschaftliche Nutzung und Umwandlung in Nadelwaldbestände ist der Buchenwaldanteil seit Beginn der geregelten Forstwirtschaft jedoch in Deutschland stark zurückgedrängt worden. Derzeit ist die mit der nicht heimischen Fichte (Picea abies) bestockte Fläche in Nordrhein-Westfalen mit 303.100 ha mehr als doppelt so groß wie die der Buche (144.600 ha) (LÖBF 2002), der natürlicherweise vorherrschenden Baumart.

Die Flächen des für den Kreis Höxter zuständigen Forstamtes Bad Driburg weisen mit einem Buchenwaldanteil von 43,6% nach der Landeswaldinventur einen außergewöhnlich großen Buchenbestand auf. Etwa 10% der Buchenwaldfläche des Landes Nordrhein-Westfalen finden sich im Kreis Höxter.

Neben der Umwandlung von Buchenwäldern in andere Waldtypen gefährdet zunehmend die immer weitere Zerschneidung (z.B. durch Verkehrswege) und die damit verbundene Verkleinerung der einzelnen Waldflächen die typischen Lebensgemeinschaften der Buchenwälder.

Allgemein läßt sich daher als Schutzziel für die Buchenwälder der Erhalt und die Entwicklung naturnaher, kraut- und geophytenreicher Bestände in ihren verschiedenen Entwicklungsstufen und Altersphasen, inklusive ihrer Vorwälder, Gebüsch- und Staudenfluren formulieren (Ssymank et al. 1998).

Hierzu geeignete Maßnahmen sind

  • die Förderung der Naturnähe durch eine naturnahe Waldbewirtschaftung unter Ausnutzung der Naturverjüngung,

  • die Entwicklung alters- und strukturdiverser Bestände mit einem dauerhaften und ausreichenden Anteil von Alt- und stehendem Totholz,

  • die Förderung der natürlichen Entwicklung von Vor- und Pionierwaldstadien auf Sukzessionsflächen,

  • die Vermehrung des Buchenwaldes durch den Umbau von mit nicht bodenständigen Gehölzen bestandenen Flächen und

  • die Schaffung von zusammenhängenden Laubwaldkomplexen.

 

Im folgenden werden die drei im Kreis Höxter anzutreffenden Buchenwaldtypen näher vorgestellt:

Moder-Buchenwälder / Hainsimsen-Buchenwälder
(Luzulo-Fagenion (Lohm. et Tx. 1954))

Auf sauren Böden sind die Buchenwälder als Hainsimsen-Buchenwälder ausgeprägt. Diese sind in Mitteleuropa und auch in Nordrhein-Westfalen weit verbreitet. In NRW haben sie ihren Verbreitungsschwerpunkt im südwestfälischen Bergland (Sauer- und Siegerland). Dort treten sie in den Hochlagen als bärlappreiche Buchenwälder in Erscheinung. Aber auch im ostwestfälischen Hügelland mit Teutoburger Wald und Egge, auf den Sandböden des Niederrheinischen Tieflandes und der Kölner Bucht sowie auf den Rheinterrassen bei Düsseldorf und Köln sind diese Buchenwaldformationen noch großflächig anzutreffen. Die Buchen-Eichenwälder des Tieflandes sind ebenfalls den Hainsimsen-Buchenwäldern zuzurechnen (Abb.3).

Abb. 3: Verbreitung der Hainsimsen-Buchenwälder in NRW
(MUNLV 2001,verändert, Kreise symbolisieren unterschiedlich große Flächen)

Im Kreis Höxter beschränken sich aufgrund der vorherrschenden basenreichen Kalkgesteine die Vorkommen der bodensauren Buchenwälder im wesentlichen auf den Zug der Egge, die Ausläufer des Schwalenberger Waldes im Norden und die waldarme Borgentreicher Börde. Aber auch im Bereich der Kalkbuchenwälder finden sich auf oberflächlich versauerten Böden kleinräumig Hainsimsen-Buchenwälder in enger Verzahnung mit den Kalkbuchenwäldern.

Charakterisierung der bodensauren Buchenwälder

Aufgrund der sauren Böden und der darauf zurückzuführenden Nährstoffarmut (eingeschränkte Mineralisierung organischer Substanz) weisen die Hainsimsen-Buchenwälder im Gegensatz zu den weiter unten behandelten Kalk-Buchenwaldgesellschaften nur eine verarmte Krautschicht auf. Anspruchsvolle Waldarten wie z.B. Bärlauch oder Frühlingsplatterbse wird man hier vergeblich suchen. Stattdessen findet man Säurezeiger wie Draht-Schmiele (Avenella flexuosa), Adlerfarn (Pteridium aquilinum) oder Heidelbeere (Vaccinium myrtillus) oder gegenüber dem Bodensäuregrad indifferente Arten wie Sauerklee (Oxalis acetosella), Wald-Habichtskraut (Hieracium murorum) oder Dornigen Wurmfarn (Dryopteris carthusiana).

Charakteristisch für den bodensauren Buchenwald sind auch die dicken Schichten von Auflagehumus. Sie entstehen durch die bei niedrigen pH-Werten verzögerte Zersetzung des Fallaubes, welches nur von Arthropoden zerkleinert, nicht aber von Regenwürmern mit mineralischen Bestandteilen tieferer Bodenschichten vermischt und zu Mull verarbeitet wird (Ellenberg 1996).

Obwohl die Hainsimsen-Buchenwälder sehr artenarm sind, kann man je nach Exposition und Neigung der Hänge zwei Gesellschaften sowie eine ganze Reihe von Subassoziationen und Varianten unterscheiden (Ellenberg 1996, Pott 1995):

  • Der typische Hainsimsen-Buchenwald (Luzulo luzuloidis-Fagetum (Meusel 1937)) findet sich gewöhnlich auf flachen Kuppen oder an seichten Schatthängen. An sonnseitigen Hängen treten lichtliebende Arten wie die Draht-Schmiele und auch die namengebende Weiße Hainsimse (Luzula luzuloides) in den Vordergrund.

  • Eine reichere Subassoziation bevorzugt Schatthänge und leitet zu den dort herrschenden Braunerde-Mullbuchenwäldern über. Feuchtigkeits- und lichtliebende Farne wie z.B. der Eichenfarn (Gymnocarpium dryopteris) treten dort verstärkt auf.

  • Ärmere Ausprägungen mit Heidelbeere treten an Süd- und Westhängen umso stärker hervor, je trockener das Kleinklima ist und je stärker der Baumbestand durch ehemalige Niederwaldwirtschaft degradiert wurde (stärkerer Lichteinfall!).

  • An Südwesthängen und auf windexponierten Kuppen mischen sich Eichen zwischen die unter Trockenheit und Nährstoffarmut leidenden Buchen. Die Krautschicht wird von Säurezeigern, darunter viele Moose, dominiert.

  • Strauchflechten und Besenheide (Calluna vulgaris) weisen auf stark verhagerte Stellen hin, an denen die Buche nur noch wenig konkurrenzfähig ist.

  • Reichere Ausprägungen der bodensauren Buchenwälder finden sich auf Lößlehmböden oder lößähnlichen Bodenbildungen (tiefgründige Parabraunerden oder Braunerden mittleren Basengehalts), wie sie im Kreis in der Borgentreicher Börde anzutreffen sind. Der dort vorkommende Flattergras-Buchenwald (Milio-Fagetum Burrichter et Wittig 1977) nimmt hinsichtlich der Trophieansprüche eine Mittelstellung zwischen dem Hainsimsen-Buchenwald auf der einen Seite und dem anspruchsvollen Waldmeister-Buchenwald auf der anderen Seite ein. Anspruchsvollere Arten wie Flattergras (Milium effusum) oder Wald-Segge (Carex sylvatica) sind hier anzutreffen.

Bedeutung für den Naturschutz / Gefährdung

Der Flattergras-Buchenwald stellt die natürliche Waldgesellschaft auf Löß dar (Bördenlandschaften). Diese Landschaften waren schon immer bevorzugte Siedlungsgebiete des Menschen, so daß diese Waldformation heute nur noch in kleinen Restbeständen anzutreffen ist. Diese Restbestände sind zudem durch einseitige Förderung der Eiche in der Vergangenheit häufig stark überformt. Die heute noch vorhandenen naturnahen Bestände der Flattergras-Buchenwälder sind in NRW stark gefährdet (Verbücheln et al. 1995) und hochgradig schutzwürdig. Im Gegensatz dazu ist der typische Hainsimsen-Buchenwald in Mitteleuropa noch weit verbreitet und ist in seinem Bestand nicht gefährdet.

Die Hainsimsen-Buchenwälder
des europaweiten Schutzgebietssystems NATURA 2000 im Kreis Höxter

Aufgrund der Dominanz der Kalk-Buchenwälder und der untergeordneten Bedeutung der Hainsimsen-Buchenwälder im Kreis Höxter wurden hier nur zwei FFH-Gebiete wegen des Vorkommens von Hainsimsen-Buchenwäldern ausgewiesen. Es handelt sich um die FFH-Gebiete DE-4121-302 „Schwalenberger Wald“, welches zu einem kleinen Anteil in den Kreis hineinragt, und DE-4219-301 „Egge“, welches auch auf die Kreise Paderborn und Lippe übergreift.

In fünf weiteren FFH-Gebieten sind aber ebenfalls Hainsimsen-Buchenwälder anzutreffen. Es handelt sich um die Gebiete

  • DE-4219-303 Wälder zwischen Iburg und Aschenhütte,

  • DE-4221-301 Stadtwald Brakel,

  • DE-4320-301 Hirschstein,

  • DE-4320-302 Gradberg und

  • DE-4419-301 Schwarzbachtal.

Mull-Buchenwälder (Asperulo-Fagenion (Knapp 1942)

Auf kalk- und nährstoffreichen Braunerden und Parabraunerden stocken dagegen anspruchsvolle Waldmeister-Buchenwälder. Sie haben in den Mittelgebirgen und im Hügelland den Schwerpunkt ihrer Verbreitung (Abb. 4) und sind durch eine optimale Entfaltung der Rotbuche gekennzeichnet.

Abb. 4: Verbreitung der Waldmeister- und Orchideen-Kalk-Buchenwälder in NRW (MUNLV 2001, verändert)

Charakterisierung der Waldmeister-Buchenwälder

Waldmeister-Buchenwälder bilden als Haupttyp der artenreichen Buchenwaldserie auf basischen Gesteinsböden typische Hallenwälder, in denen die Buche eine Höhe von 30 - 35 m erreicht. Eine zweite, niedrigere Baumschicht sowie eine Strauchschicht sind nur schwach entwickelt.

Waldmeister-Buchenwälder sind dagegen in der Krautschicht sehr artenreich. Sie ist im Gegensatz zu derjenigen der oben beschriebenen Hainsimsen-Buchenwälder üppig entwickelt und häufig nahezu geschlossen. Neben dem namengebenden Waldmeister (Galium odoratum) sind zahlreiche Frühjahrsblüher typisch, so Hohler Lerchensporn (Corydalis cava), Wald-Bingelkraut (Mercurialis perennis), Gelbes Windröschen (Anemone ranunculoides), Leberblümchen (Hepatica nobilis), Maiglöckchen (Convallaria majalis), Aronstab (Arum maculatum) oder Bären-Lauch (Allium ursinum).

Die Frühblüher des Waldmeister-Buchenwaldes treiben sehr früh im Jahr aus und durchlaufen ihre gesamte Entwicklung von der Entfaltung der Blätter über das Blühen bis zur Fruchtbildung vor der Entfaltung des Buchenlaubes.

Der recht trockene, nur geringmächtige humose Auflagehorizont im Waldmeister-Buchenwald, der sog. Mull, wird vor der Laubentfaltung gut besonnt und erwärmt sich rasch. Aus den allen Frühlings-Geophyten (= „Erdpflanzen“) eigenen unterirdischen Speicherorganen wie Zwiebeln (Bären-Lauch, Märzenbecher (Leucojum vernum)), Wurzelknollen (Frühlings-Scharbockskraut (Ficaria verna (= Ranunculus ficaria)) oder unterirdischen Sproßabschnitten (Leberblümchen, Busch-Windröschen (Anemone nemorosa)) können die Pflanzen Reservestoffe, welche sie im Vorjahr gespeichert haben, für den Austrieb nutzen. Sie haben gegenüber anderen Pflanzen hierdurch einen Entwicklungsvorsprung; ohne ihn könnten sie die spätere starke Beschattung nicht überstehen.

Wenn die Buche voll belaubt ist, sind einige Arten bereits verwelkt oder die oberirdischen Teile gar abgestorben.

Innerhalb des FFH-Lebensraumtypes „Waldmeister-Buchenwälder“ (LRT 9130) gibt es in den heimischen Wäldern zwei Pflanzengesellschaften mit unterschiedlichen Standortansprüchen (Pott 1995, Ellenberg 1996):

  • Auf relativ flachgründigen Südhängen sowie in exponierten Kuppenlagen stockt - im Kreis Höxter eher kleinflächig vorhanden (z.B. im Asseler Wald oder am Hellberg-Scheffelberg) - der Waldgerste-Buchenwald (Hordelymo-Fagetum (Kuhn 1937)) mit wärme- und lichtliebenden Arten wie Frühlings-Platterbse (Lathyrus vernus), Leberblümchen, Nesselblättriger Glockenblume (Campanula trachelium) und Finger-Segge (Carex digitata) in der Krautschicht. Die Gesellschaft leitet zu den Orchideen-Buchenwäldern, namentlich zum Seggen-Buchenwald (Carici-Fagetum (Moor 1952)) über.

  • In weniger sonnenexponierten Lagen bei etwas tiefgründigerem Boden gedeiht die in den Buchenwäldern des Kreis Höxter weit verbreitete Gesellschaft des Waldmeister-Buchenwaldes (Galio odorati-Fagetum (Sougnez & Till 1959)). Neben dem Waldmeister ist dieser Wald durch Arten wie Vielblütige Weißwurz (Polygonatum multiflorum) und Ährige Teufelskralle (Phyteuma spicatum) gekennzeichnet.
    Je nach Exposition und Wasserversorgung wird die Krautschicht von Herden von Bären-Lauch oder Einblütigem Perlgras (Melica uniflora) dominiert.

Die Waldmeister-Buchenwälder des europaweiten Schutzgebietssystems NATURA 2000 im Kreis Höxter

Aufgrund der eingangs geschilderten optimalen Wuchsleistung der Buche sind die Waldmeister-Buchenwälder der Region, anders als z.B. zahlreiche Hainsimsen- oder Flattergras-Buchenwälder, nur selten mit standortfremden Gehölzen aufgeforstet worden und kommen daher im Kreis Höxter noch großflächig vor.

Dennoch finden sich, wie oben bereits erläutert, keine natürlichen Waldmeister-Buchenwälder mehr, sondern aus einer geregelten Forstwirtschaft entstandene, lediglich naturnahe Bestände.

Im Kreis Höxter liegen insgesamt sieben Natura 2000-Gebiete, für die das Vorkommen des Lebensraumtyps „Waldmeister-Buchenwald“ (LRT 9130) für die Schutzgebietsausweisung ausschlaggebend war:

  • DE-4219-302 Egge
    Die Egge zählt zu den größten und geschlossensten Buchenwaldgebieten in Ostwestfalen und erlangt hierdurch eine landesweite Bedeutung. Aus der Abgeschiedenheit des Gebietes ergibt sich eine herausragende Bedeutung für störungsanfällige Waldtierarten der Vogelschutz-Richtlinie wie den Schwarzstorch oder den Grauspecht. Das Gebiet zeichnet sich aufgrund der unterschiedlichen Hangneigungen und Expositionen durch eine sehr vielgestaltige Ausprägung aus.

  • DE-4219-303 Wälder zwischen Iburg und Aschenhütte
    Zwischen der Iburg und der Aschenhütte bei Bad Driburg stocken artenreiche Bestände, die sich aufgrund der unterschiedlichen Hangneigungen, Expositionen und Altersklassen durch eine vielgestaltige Ausprägung auszeichnen.

  • DE-4220-302 Hinnenburger Forst mit Emder Bachtal
    Der Hinnenburger Forst stellt mit fast 1.500 ha eines der großen geschlossenen Kalkbuchenwaldgebiete Westfalens dar. Aufgrund unterschiedlicher Hangneigungen und Expositionen kommen die verschiedensten Ausprägungen des Waldmeister-Buchenwaldes vor.

  • DE-4221-301 Stadtwald Brakel
    Auch beim Brakeler Stadtwald mit 1572 ha handelt es sich um ein sehr ausgedehntes Laubwaldgebiet im Weserbergland. Es ist durch Waldmeister-Buchenwälder mit gut ausgebildeter Krautschicht und großem Geophytenreichtum gekennzeichnet.

  • DE-4320-302 Gradberg
    Der Gradberg, ebenfalls ein großer Laubwaldkomplex , wird überwiegend von Waldmeister-Buchenwäldern dominiert. Gekennzeichnet ist das Gebiet durch ein vielfältiges Nebeneinander unterschiedlicher Alters- und Sukzessionsphasen und artenreiches Grünland in Waldrandlage.

  • DE-4420-302 Asseler Wald
    Der Asseler Wald ist ein weitläufiger Kalk-Buchenwaldkomplex am Rande der Warburger Börde. Seine Bedeutung ergibt sich aus einem großen Artenreichtum, insbesondere aus guten Beständen der Türkenbund-Lilie. Kleinflächig finden sich hier auch Orchideenbuchenwälder.

In zehn weiteren FFH-Gebieten kommen Waldmeister-Buchenwälder in geringerem Umfang im Verbund mit weiteren FFH-Lebensraumtypen vor:

  • DE-4121-302 Schwalenberger Wald

  • DE-4221-302 Kalkmagerrasen bei Ottbergen

  • DE-4320-306 Talbach östlich Niesen

  • DE-4320-307 Quellgebiet Bockskopf

  • DE-4321-303 Lebersiek südlich Dalhausen

  • DE-4322-301 Wälder um Beverungen

  • DE-4420-301 Hellberg-Scheffelberg

  • DE-4421-302 Schwiemelkopf

  • DE-4422-301 Samensberg

  • DE-4520-301 Weldaer Berg und Mittelberg

  • DE-4520-302 Iberg bei Welda



Orchideen-Buchenwälder (Cephalanthero-Fagenion (R. Tx. 1955))

Orchideen-Buchenwälder (Cephalanthero-Fagenion (R. Tx. 1955)) haben von allen Buchenwäldern die größten Wärmeansprüche. Ihren Verbreitungsschwerpunkt besitzen sie dementsprechend im südlichen Mitteleuropa. Es handelt sich um sehr artenreiche Waldgesellschaften mit vielen Arten, die pflanzengeographisch zu den mediterranen oder submediterranen Florenelementen zählen. Hierzu gehören in erster Linie auch die zahlreichen, namengebenden Orchideenarten. Während die Orchideen-Buchenwälder im Zentrum ihres Areals, so z.B. im Kaiserstuhl, eine breite Spanne von Standorten besiedeln und entsprechend eine Vielzahl von Ausprägungen umfassen (Ellenberg 1996), kommen sie an ihrer nördlichen Verbreitungsgrenze nur an sehr spezifischen und extremen Standorten vor. In Nordwest-Deutschland sind Orchideen-Buchenwälder an sommerwarme, sonnenexponierte, kalkreiche Steilhänge mit zeitweilig eingeschränkter Wasserversorgung gebunden (Dierschke 1989). Lediglich im südwestlichen Harzvorland Niedersachsens ist auf Gips keine Bindung an südexponierte Oberhänge festzustellen (Schönfelder 1978). In Nordrhein-Westfalen liegt der Verbreitungsschwerpunkt der Orchideen-Buchenwälder im Weserbergland und dort wiederum im Kreis Höxter. Einige weitere Vorkommen gibt es in der Eifel, im Teutoburgerwald und auf der Briloner Hochfläche (vgl. Abb. 4).

Charakterisierung der nordwestdeutschen Orchideen-Buchenwälder

Im Seggen-Buchenwald (Carici-Fagetum (Moor 1952)) tritt die Wuchsleistung der Rotbuche im Vergleich zu anderen Buchenwald-Gesellschaften deutlich zurück. Geringe Wuchshöhen und langsamer Zuwachs dokumentieren, daß sich die Rotbuche hier nicht in ihrem physiologischem Optimum befindet. Ursachen hierfür sind in erster Linie der angespannte Wasserhaushalt der flachgründigen Böden sowie eine gehemmte Mineralstoffnachlieferung infolge der durch die Trockenheit verlangsamten Mineralisation der organischen Substanz (vgl. Grimme 1975). Hinzu kommen Hangrutschungen, die nicht selten zu sogenanntem Säbelwuchs führen, und eine erosionsbedingte Aushagerung der Böden. Bedingt durch die geringere Wüchsigkeit der Rotbuche sind die Orchideen-Buchenwälder lichte Wälder mit zahlreichen wärme- und lichtbedürftigen Arten in der Baum-, Strauch- und Krautschicht, die auch in wärmeliebenden Eichenmischwäldern vorkommen (Ellenberg 1996). Selbst am Arealrand weisen pflanzensoziologische Bestandsaufnahmen von Orchideen-Buchenwäldern noch eine mittlere Artenzahl von 38 auf (Zacharias 1996).

In der Baumschicht mischt sich die Rotbuche mit der Stiel- und Trauben-Eiche (Quercus robur, Q. petraea), der Elsbeere (Sorbus torminalis), der Hainbuche (Carpinus betulus) und dem Feld-Ahorn (Acer campestre). Mitunter treten auch Esche (Fraxinus excelsior) und Berg-Ahorn (Acer pseudoplatanus) hinzu. Als Baum der 2. Baumschicht ist selten auch die Eibe (Taxus baccata) anzutreffen, so z.B. am Ziegenberg bei Höxter. Sie tritt dabei nur lokal an unzugänglichen Steilhängen häufiger auf, was u.a. auf ihre Nutzung als wertvolles Werkholz zurückzuführen ist (Pott 1995). In der Strauchschicht finden wir neben dem Baumjungwuchs Weißdorn-Arten (Crataegus-spp.), Schlehe (Prunus spinosa), Roten Hartriegel (Cornus sanguineus), Hunds-Rose (Rosa canina), Pfaffenhütchen (Euonymus europaeus) und Seidelbast (Daphne mezereum). In der Krautschicht tritt die Finger-Segge als hochstete Kennart der Orchideen-Buchenwälder auf (Zacharias 1996, Golisch 1996). Es handelt sich hier allerdings nicht um die namengebende Weiße Segge (Carex alba) des Carici-Fagetum, welche bei uns nicht vorkommt. Kennzeichnende Orchideen sind das Bleiche und das Rote Waldvöglein (Cephalantheria damasonium und C. rubra), die Nestwurz (Neottia nidus-avis), die Stendelwurzarten (Epipactis micirophylla und E. helleborine). Weiterhin treten das Stattliche Knabenkraut und das Purpur-Knabenkraut (Orchis mascula und O. purpurea) regelmäßig auf. Für die bei uns im Kreis vorkommenden Ausbildungen gelten die Echte Primel (Primula veris), die Acker-Glockenblume (Campanula rapunculoides), der Wiesen-Löwenzahn (Taraxacum Sect. Ruderalia), die Hunds-Rose, das Wald-Habichtskraut (Hieracium murorum) sowie das Wald-Labkraut (Galium sylvaticum) als Trennarten (Zacharias 1996). Weitere typische Arten, die oft in größeren Beständen (faziesbildend) auftreten, sind die Schwalbenwurz (Vincetoxicum hirundinaria), das Maiglöckchen und das Einblütige Perlgras. Faziesbildend ist mitunter auch der Blaurote Steinsame (Lithospermum purpurocaeruleum). Schwalbenwurz und Blaugras (Sesleria varia) sind als Schuttstauer (Arten, die in der Lage sind, durch ihre Wuchsform rutschenden Hangschutt festzulegen) auf sehr steile, rutschende Hänge spezialisiert, wie wir sie beispielsweise am Ziegenberg finden. Ausgeprägte Hangrutschungen als Standortfaktor haben einen so starken Einfluß auf die Ausbildung des Orchideen-Buchenwaldes, daß sie mitunter als eigene Gesellschaft, der Blaugras-Buchenwald (Seslerio-Fagetum (Moor 1952)), dargestellt werden. Die typischen Orchideen fallen hier entweder ganz aus oder wachsen nur noch vereinzelt dort, wo der Boden durch Blaugras oder Baumwurzeln festgelegt ist.

Interessant ist die Blütenphänologie der Orchideen-Buchenwälder. Im Gegensatz zu anderen Buchenwäldern, welche für die allermeisten Blütenpflanzen im Unterwuchs im Sommer zu dunkel sind, so daß diese nicht zur Blüte gelangen, bieten die Orchideen-Buchenwälder während der gesamten Vegetationsperiode ein Blütenspektrum. Im Frühjahr fallen die Blüten von Seidelbast, Leberblümchen (Hepatica nobilis), Wald-Bingelkraut (Mercurialis perennis), den Anemonen, Finger-Segge und Echter Primel auf. Im Mai blühen die Knabenkräuter, Veilchen und Maiglöckchen. Im Frühsommer und Sommer ist die Hauptblütezeit der kennzeichnenden Orchideenarten sowie von Wald-Labkraut, Schwalbenwurz, Türkenbund-Lilie (Lilium martagon) und Einblütigem Perlgras. Den Abschluss bilden die Stendelwurzarten und die Echte Goldrute (Solidago virgaurea).

Eine Besonderheit des Orchideen-Buchenwaldes ist außerdem die zwar gering deckende, aber sehr artenreiche Moosschicht. Neben den typischen Waldbodenmoosen treten zahlreiche Arten auf, die in den übrigen Kalkbuchenwäldern nur lokal auf Gestein vorkommen. Typische Arten sind Brachythecium salebrosum, Anomodon attenuatus, Bryoerythrophyllum recurvirostre und Ctenidium molluscum.

Wie bereits erwähnt sind Orchideen-Buchenwälder bei uns, d.h. am nordwestlichen Arealrand ihrer Verbreitung, auf wärmebegünstigte Sonderstandorte beschränkt. Hier entsprechen sie der potentiellen natürlichen Vegetation und sind deshalb auch nicht von menschlicher Nutzung abhängig. Es ist allerdings davon auszugehen, daß Orchideen-Buchenwälder an zwar wärmebegünstigten, jedoch weniger flachgründigen Standorten, bei Nutzung durch Mensch und Vieh gefördert wurden (Zacharias 1996:). Die früher übliche Waldweide führte zusammen mit der meist niederwaldwirtschaftsartigen Brennholznutzung zur Auflichtung und Aushagerung der den Orchideen-Buchenwäldern nahestehenden Buchenwäldern. So konnten sich an den wärmsten Standorten die Waldgersten-Buchenwälder (Hordelymo-Fagetum latyretosum (Kuhn 1937))  zu Orchideen-Buchenwäldern entwickeln. Diese Bestände können beim Wegfall der entsprechenden Nutzung nicht dauerhaft erhalten werden (s.u.). Bei überwiegender Brennholznutzung bildeten sich oft typische Niederwaldbestände mit Eichen und Hainbuchen als vorherrschende Baumarten, da diese gegenüber der Rotbuche ein deutlich besseres Stockausschlagsvermögen aufweisen. Bei vorrangiger Weidenutzung bildeten sich schließlich Magerrasen (vgl. Beinlich, in diesem Band).

Bedeutung für den Naturschutz und das europäische Naturerbe

Orchideen-Buchenwäldern kommen aus Sicht des Biotop- und Artenschutzes eine hohe Bedeutung zu. Dieser in NRW an Sonderstandorte gebundene und deshalb seltene Biotoptyp bietet einer Vielzahl von z.T. hochgradig gefährdeten Tier- und Pflanzenarten Lebensraum. Hierzu gehört neben den schon genannten Orchideenarten auch der Frauenschuh (Cypripedium calceolus) als FFH-Art. In der Regel treten Orchideen-Buchenwälder in enger Verzahnung mit weiteren seltenen Biotoptypen wie Magerrasen und Felsen auf (vgl. Simon & Wagner, in diesem Band).

Ähnlich wie einigen Felslebensräumen kommt auch den Orchideenbuchenwäldern mitunter eine besondere Bedeutung durch ihre biogeographische Sonderstellung zu. Ein herausragendes Beispiel hierfür ist im Kreis Höxter der Ziegenberg. Die Erd-Segge (Carex humilis) hat hier ihr bedeutendstes Vorkommen in Nordrhein-Westfalen; sie tritt sonst nur noch im Raum Marsberg auf. Auch das Bittere Kreuzblümchen (Polygala amara) ist in seiner Subspezies brachyptera nur am Ziegenberg zu finden. Ähnlich wie das Blaugras besiedelt es lückige Hangrutschungen im Orchideen-Buchenwald. Ihre Vorkommen sind von landesweiter Bedeutung für den Artenschutz. Besonders erhaltenswert sind auch die Eibenbestände am Ziegenberg, da es nur noch wenige weitere urwüchsige Eibenbestände in Nordrhein-Westfalen gibt.

Gefährdung

Orchideen-Buchenwälder sind in der Roten Liste der Pflanzengesellschaften Nordrhein-Westfalens als aktuell ungefährdet eingestuft (Verbücheln et al. 1998). An manchen Standorten geht eine Gefährdung von der früher leider häufig praktizierten Aufforstung dieser Sonderstandorte mit Kiefern (Pinus sylvestris und P. nigra) aus. Hinzu kommt die langsame, sukzessionsbedingte Ausdunkelung derjenigen Orchideen-Buchenwälder, die durch menschliche Nutzung bedingt sind (s.o.).

Die Orchideen-Buchenwälder des europaweiten Schutzgebietsystems NATURA 2000 im Kreis Höxter

Von den FFH-Gebieten des Kreises Höxter sind folgende Gebiete u.a. auf Grund ihrer Orchideen-Buchenwälder in das europaweite Schutzgebietssystem NATURA 2000 aufgenommen worden:

  • DE-4222-301 Buchenwälder der Weserhänge
    Das FFH-Gebiet „Buchenwälder der Weserhänge“ umfaßt die bewaldeten Muschelkalksteilhänge westlich des Wesertals zwischen Godelheim im Süden und Stahle im Norden. Die Kalk-Buchenwälder und insbesondere die Orchideen-Buchenwälder um Höxter gelten in ihrer besonders artenreichen Ausprägung als einmalig weit über den Naturraum hinaus. Dies ist nicht zuletzt in der engen Verzahnung mit anderen wärmebegünstigten Biotopen wie den Rabenklippen begründet.

  • DE-4122-301 Räuschenberg

  • DE-4221-302 Kalkmagerrasen bei Ottbergen

  • DE-4320-302 Gradberg

  • DE-4420-301 Hellberg-Scheffelberg

  • DE-4419-401 Vogelschutzgebiet Egge

  • DE-4420-302 Asseler Wald

  • DE-4520-301 Weldaer Berg und Mittelberg

  • DE-4520-302 Iberg bei Welda



Literatur

Dierschke, H. (1989): Artenreiche Buchenwald-Gesellschaften Nordwestdeutschlands. – Ber. Reinh. Tüxen-Ges. 1: 107-147.

Ellenberg, H. (1996): Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen in ökologischer, dynamischer und historischer Sicht. – 5., stark veränderte und verb. Aufl. – Stuttgart, Ulmer (UTB).

Golisch, A.: (1996): Buchenwälder im Kreis Lippe (NRW) mit einem Übersicht über die Querco-Fagetea. – Tüxenia 16: 3-24. Göttingen.

Grimme, K. (1975): Wasser- und Nährstoffversorgung von Hangbuchenwäldern auf Kalk in der weiteren Umgebung von Göttingen. – Scripta Botanica 12: 190 S.

LÖBF (2002): Bericht über den ökologischen Zustand des Waldes. 71 S.

Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz NRW (Hg.) (2001): Natura 2000, Netzwerk für den Naturschutz. Münster

Pott, R. (1995): Die Pflanzengesellschaften Deutschlands. – 2., überarb. und stark erweiterte Aufl. – Stuttgart, Ulmer (UTB).

Schönfelder, P. (1978): Vegetationsverhältnisse auf Gips im südwestlichen Harzvorland. – Naturschutz und Landschaftspflege in Niedersachsen 8: 110 S.

Ssymank, A., Haucke, U., Rückriem, C. & E. Schröder unter Mitarbeit von Messer, D. (1998): Das europäische Schutzgebietssystem NAUTURA 2000: BfN-Handbuch zur Umsetzung der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie und der Vogelschutzrichtlinie. – Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz 53: 565 S.

Verbücheln, G. et al. (1998): Rote Liste der Pflanzengesellschaften in Nordrhein-Westfalen (LÖBF/ LAFAO)[Hrsg.]- CD zur LÖBF Schriftenreihe 5, erweiterte u. überarbeitete Aufl. -Recklinghausen.

Zacharias, D. (1996): Flora und Vegetation von Wäldern der Querco-Fagetea im nördlichen Harzvorland Niedersachsens – unter besonderer Berücksichtigung der Eichen-Hainbuchen-Mittelwälder. – Naturschutz und Landespflege Niedersachsen 35: 1-150. Hannover.

Adressen der Autoren:

Heiko Köstermeyer, Corvey 12, 37671 Höxter
Frank Grawe, Am Feldberg 5, 57334 Bad Laasphe
Iris Simon, Herkestr. 6, 33014 Bad Driburg
Dr. Burkhard Beinlich, Fuhlenstraße 9, 37671 Höxter

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