Beiträge zur Naturkunde zwischen Egge und Weser 18 (2006)
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Floristische und faunistische Beobachtungen am Weserufer zwischen Bad Karlshafen und Stahle in den Jahren 2005 und 2006

Von Stefan HÄCKER, Burkhard BEINLICH, Anne KÖSTERS und Birgit SCHORSCH

Unter den Fließgewässern des Kreises Höxter hat die Weser als Strom eine besondere Bedeutung für zahlreiche Pflanzen- und Tier- arten, die auf lichtexponierte amphibische Lebensräume angewiesen sind. Uferhochstaudenfluren, Fließgewässerröhrichte und Schlammuferfluren der Spülsäume finden sich im größten Teil der Betrachtungsstrecke in einer Ausdehnung, wie sie an kleineren Fließgewässern nicht vorkommen. Vor allem unter den Pflanzenarten sind etliche, deren hiesige aktuelle Vorkommen auf das Weserufer beschränkt sind.

Durch eine übermäßige Verschmutzung, insbesondere durch die thüringischen und hessischen Kalisalzeinleitungen, waren die Biozönosen des Flusses und seiner Ufer lange Zeit, vor allem zum Ende der 1980er Jahre, merklich beeinträchtigt. Zur Flora und Vegetation liegen aus dieser Zeit Publikationen von HÄCKER (1989) und BRANDES & OPPERMANN (1994) vor. Aus der Tierwelt sind vor allem die Entwicklungen der Fischfauna gut dokumentiert (vgl. Berichte des Niedersächsischen Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit).

 

Als Folge der Wiedervereinigung wurden zahlreiche Salzbergwerke geschlossen bzw. mit effizienten Kläranlagen versehen, so dass die Salzeinleitungen stark reduziert werden konnten. Darüber hinaus wurden zahlreiche Kläranlagen neu gebaut oder modernisiert, so dass auch die Verschmutzung der Werra durch häusliche und gewerbliche Abwässer deutlich verringert wurde.

Um der Frage nach inzwischen offensichtlichen Veränderungen der Vegetation nachzugehen und zur genaueren Kartierung der Bestände bestimmter bemerkenswerter Arten erfolgten im August 2005 und 2006 am Weserufer zwischen Bad Karlshafen und Stahle gezielte Erhebungen auffälliger bzw. seltener flussauentypischer Pflanzen. Beobachtungen zu ausgewählten Tierartengruppen (Vögel, Amphibien, Tagfalter, Libellen, Heuschrecken) wurden mitnotiert.

 

Die Erfassung galt vor allem weithin auffälligen typischen Arten der Uferhochstaudenfluren, in erster Linie dem seltenen Fluss-Kreuzkraut (Senecio fluviatilis), dem Wiesen-Alant (Inula britannica) sowie den sog. invasiven Neophyten Indisches Springkraut (Impatiens glandulifera), Riesen-Bärenklau (Heracleum mantegazzianum), Riesen-Goldrute (Solidago gigantea) und Japanischer Knöterich (Reynoutria japonica), die an vielen kleineren Fließgewässern der einheimischen Flora den Lebensraum in zunehmendem Maße streitig machen. Unterwasserpflanzen sowie seltene Pflanzen der Röhrichte und der Schlammuferfluren wurden ebenso kartiert.

 

Von den beidseitig der Weser verlaufenden Radwegen aus sind die Uferstreifen mit Hilfe eines Fernglases fast komplett einsehbar, so dass die Erfassung der genannten Arten ziemlich vollständig erfolgen konnte. Ergänzend erfolgte vom Wasser aus eine Kartierung per Boot. An ausgesuchten und viel versprechenden Stellen wurden Pflanzen- und auch Tierarten genauer erfasst.

Veränderungen der Vegetation

Die direkten Uferstreifen der Weser sind auf weite Strecken nicht landwirtschaftlich genutzt. Einige Abschnitte werden allerdings in die Beweidung, überwiegend Pferde- und Rinder-, aber auch Schafbeweidung, angrenzender Grünlandflächen einbezogen.

Diese liegen vor allen in der Nähe der Ortschaften (z.B. Würgassen, Wehrden, Godelheim, Boffzen). Verglichen mit Beobachtungen früherer Jahre sind Verschiebungen in der Ufernutzung festzustellen. Während einerseits Uferpartien aus der Nutzung fielen (z.B. bei Corvey), wurden andere in Bewirtschaftung genommen (z.B. Wehrden, Stahle).

Beweidung und Mahd haben regelmäßig das Verschwinden der schutzwürdigen Hochstaudenvegetation zur Folge, während durch Nutzungsaufgabe der Prozess der natürlichen Sukzession eingeleitet wird. Dieser führt allerdings nicht unbedingt zurück zur naturnahen Hochstauden-Vielfalt, da sich oftmals langlebige Stadien aus Brennessel und Drüsigem Springkraut auf den ehemaligen Weideflächen etablieren. Ähnliches ist auf Flächen zu beobachten, die durch Erdaushub im Zusammenhang mit Baumaßnahmen standörtlich überformt sind. Hier kann es, z.B. entlang von Radwegen, zu Dominanzbeständen des Drüsigen Springkrautes kommen.

 

Insgesamt ist inzwischen eine merkliche Zunahme von Gehölzen zu beobachten, nachdem die Ufer der Weser lange Zeit aufgrund der traditionellen Treidelwirtschaft* gehölzfrei waren und Gehölze auch danach immer wieder entfernt wurden. Verbreitet sind heute als Vertreter der Weichholzaue verschiedene Weidenarten und vereinzelt auch Pappelansiedlungen zu finden. Häufigste strauchförmige Weide ist die Korb-Weide (Salix viminalis), die vielfach auch gepflanzt wurde. Vorkommen von Erlen und Eschen sind dagegen noch recht spärlich und treten vor allem dort auf, wo entsprechende Vorkommen in der Nachbarschaft liegen. Bemerkenswert ist der Nachweis eines Eschen-Ahorns (Acer negundo) bei Würgassen. Die in Auengebieten Nordamerikas beheimatete zweihäusige Baumart, die in Flussauen und Städten Deutschlands bereits vielfach eingebürgert ist, trat bisher in unserem Raum noch nicht auf.

Nur an wenigen Stellen sind in der Weserrinne natürliche, durch Geschiebedynamik entstandene Uferpartien in Form von Kiesbänken zu finden. Hier ist die Entwicklung naturnaher Vegetationszonierungen am besten zu beobachten. Die Initialstadien der Pflanzenbesiedlung weisen zunächst meist recht hohe Artenzahlen auf und sind für das Aufkommen und die Reproduktion zahlreicher seltener einjähriger Arten von hoher Bedeutung. Leider weist die Weser durch die zur Aufrechterhaltung der "erhöhten Kleinstwassermenge" für die Schifffahrt aus der Eder- und Diemeltalsperre vorgenommenen Wassereinspeisungen während der Sommermonate keine markante Strandzone auf. Die Vegetationszonierung schließt meist mit der Röhrichtzone ab.

 

Als Sekundärstandorte haben allerdings gerade auch sehr naturferne Elemente wie z.B. gepflasterte Uferrampen oder betonverstärkte Blockschüttungen für bestimmte Arten eine große Bedeutung. Die natürlichen Konkurrenzverhältnisse der Pflanzenarten untereinander sind auf solchen Standortextremen zugunsten kleinwüchsiger, konkurrenzschwacher Arten verändert.

 

Die deutliche Reduzierung der Salzeinleitung ist an dem inzwischen völligen Fehlen der Salz-Schuppenmiere (Spergularia marina) ablesbar. Diese salzzeigende Pflanze wuchs 1988 am unteren Spülsaum des Weserufers in großer Zahl. Heute sucht man sie dort vergebens.

Weiterhin wurde auch die noch vor 18 Jahren regelrechte Gestrüppe bildende Glanz-Melde (Altriplex nitens) nur noch an wenigen Stellen in geringer Anzahl nachgewiesen.

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* Die Weserkähne wurden in früheren Zeiten von Menschen
oder Zugtieren an Seilen flussaufwärts gezogen. Hierzu
musste der Bereich zwischen Treidelpfad und Fluss von
behinderndem Aufwuchs freigehalten werden.

Die Bestände der an der Weser wachsenden invasiven Neophyten scheinen konstant geblieben zu sein. Während Impatiens glandulifera durchgängig, aber in sehr unterschiedlichen Konzentrationen vorhanden vorkommt, ist Heracleum mantegazzianum ähnlich wie 1988 nur auf wenige Wuchsorte beschränkt. Dennoch geht von den wenigen Horsten die Gefahr einer weiteren Verbreitung der Samen durch Hochwasser aus.

Submerse Pflanzen wurden nur in den Buhnenfeldern und -teichen angetroffen. Es handelt sich um Arten, die auch in den weserbegleitenden Abgrabungsgewässern weit verbreitet sind.

Bemerkenswerte Pflanzenarten am Weserufer

 (Rote-Liste-Status: NRW / Weserbergland
  * = aktuell ungefährdet, 3 = gefährdet, 2 = stark gefährdet,
  N = von Naturschutzmaßnahmen abhängig)
  Unterwasserpflanzen
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Ähriges Tausendblatt (Myriophyllum spicatum)                            RL 3 / 3
 Myriophyllum wurde an 5 Stellen in Buhnenfeldern und Buhnenteichen gefunden.
 Sie ist die am häufigsten festgestellte Unterwasserpflanze in der Weser.

Kamm-Laichkraut (Potamogeton pectinatus) und
Wasserhahnenfuß (Ranunculus aquatilis agg.)
 wurden nur jeweils einmal in Buhnenteichen festgestellt.

  Therophyten der Schlammufer und Spülsäume
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Kleines Flohkraut (Pulicaria vulgaris)                                  RL 3 / 2
 Das Kleine Flohkraut gehört zu den Seltenheiten des Weserberglandes. Während es
 auf seinen angestammten Standorten, den Schlammuferfluren, nur in
 Einzelexemplaren vorkommt, hält sich in Pflasterfugen zweier Fahrrampen an der
 Weserpromenade bei Höxter seit Jahren ein großer Bestand. Zahlreich wächst es
 weiterhin an einer befestigten Uferrampe in Lüchtringen.

Niedriges Fingerkraut (Potentilla supina)                               RL * / 3
 Das Niedrige Fingerkraut konnte bisher nur in Einzelexemplaren in den
 Schlammufer-Fluren gefunden werden und ist eine der seltensten Pflanzen dieses
 Lebensraumes. 2005 wuchs ein kräftiges Exemplar unter der Lüchtringer
 Weserbrücke.

Gewöhnlicher Krähenfuß (Coronopus squamatus)                            RL 3 / 3
 Coronopus squamatus wurde auf lehmigen Ablagerungen unter der Lüchtringer
 Weserbrücke 2005 in 5, 2006 in mehr als 50 Exemplaren gefunden. Weiterhin
 wächst die Pflanze zahlreich in Pflasterfugen am Schiffsanleger in Wehrden.

Weiße Spitzklette (Xantium albinum)
 Xantium albinum konnte in unserem Weserabschnitt 1988 nicht nachgewiesen
 werden. 2005 wurden Exemplare zwischen Herstelle und Bad Karlshafen sowie bei
 Corvey und Lüchtringen gefunden. Weitere Wuchsorte konnten 2006 zwischen
 Würgassen und Beverungen festgestellt werden. Es handelt sich meist um
 Einzelpflanzen, ausnahmsweise auch kleine Gruppen (Corvey) in der durch
 einjährige Pflanzen dominierten Spülsaumzone innerhalb des Flussröhrichts.

Strand-Ampfer (Rumex maritimus)
 Der Strand-Ampfer ist am Weserufer sehr selten anzutreffen. 2006 war er in
 mehreren Exemplaren an der Lüchtringer Weserbrücke vertreten.

Ufer-Knöterich (Polygonum brittingeri)
 Vorkommen des Ufer-Knöterichs sind aus unserem Weserabschnitt bisher nur
 unzureichend dokumentiert. 2006 wurde bei Wehrden ein Vorkommen nachgewiesen.
 Es ist davon auszugehen, dass die Art bisher auch übersehen wurde.


Blaugrüner Gänsefuß (Chenopodium glaucum)
 Chenopodium glaucum ist in den Schlammuferfluren weniger anzutreffen als noch
 1988. Im Vergleich zu Chenopodium rubrum, mit dem er vergesellschaftet ist,
 kommt er in deutlich geringerer Anzahl, meist nur in Einzelexemplaren vor.

Roter Gänsefuß (Chenopodium rubrum)
 Der Rote Gänsefuß kennzeichnet die Schlammufersäume der Weser. Er ist
 regelmäßig vertreten, aber wohl nicht mehr so häufig wie früher.


     Röhrichtpflanzen
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Schwanenblume (Butomus umbellatus)                                      RL 3 / 2
 Die Schwanenblume wächst zerstreut in den Röhrichtgürteln der Buhnenbuchten und
 Buhnenteiche. Es wurden 18 Wuchsorte festgestellt. Die Pflanze ist außerhalb
 der Blütezeit leicht zu übersehen.

Gewöhnliche Strandbinse (Bolboschoenus maritimus)                       RL 3 / 3
 Bolboschoenus maritimus bildet im Röhrichtsaum des Ufers kleine Bestände, v.a.
 im Bereich der Buhnen. Sie ist regelmäßig vertreten, kann aber mitunter auch
 übersehen werden.

Graue Teichbinse (Schoenoplectus tabernaemontani)                     RL 3N / 3N
 Die Graue Teichbinse wurde nur an einer Stelle am linken Weserufer in einem
 Buhnenfeld südlich Wehrden festgestellt.

Grüne Teichbinse (Schoenoplectus lacustris)                             RL * / 3
 Auch die Grüne Teichbinse konnte nur an einer Stelle am linken Weserufer
 unterhalb von Herstelle beobachtet werden.

Gelbe Schwertlilie (Iris pseudacorus) und
Schlank-Segge (Carex gracilis)
 Beide Arten heben sich durch ihren horstförmigen Wuchs vom Rohrglanzgras-
 Röhricht ab. Sie sind punktuell, aber regelmäßig am Weserufer vertreten.

Schilfrohr (Phragmites australis)
 Das Schilf bildet an vielen Stellen, vorzugsweise im Umfeld der Buhnenfelder,
 an den mittleren und oberen Uferböschungen größere Herden.

Wiesen-Alant (Inula britannica)                                         RL * / 3
 Das Vorkommen des Wiesen-Alant ist am Weserufer auf niedrigwüchsige
 Vegetationsflächen begrenzt. Man findet ihn im Rohrglanzgras-Gürtel in
 Abschnitten angrenzender landwirtschaftlicher Grünlandnutzung und in Ritzen der
 Uferbefestigungen im Bereich der Promenaden und Buhnen.


Abbildung
Abb. 1: Wiesen-Alant (Inula britannica)
(Foto: F. GRAWE)

Wasser-Ampfer (Rumex aquaticus)                                         RL 2 / 2
 Einzelne Exemplare des Wasser-Ampfers wuchsen im Bereich beweideter Buhnen
 zwischen Blankenau und Godelheim. Die Art wurde 1988 nicht festgestellt.


     Hochstaudenfluren
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Fluss-Greiskraut (Senecio fluviatilis)                                  RL 2 / 2
 Senecio fluviatilis bildet in den Uferhochstauden Trupps oder kleinere Herden.
 Es ist regelmäßig vertreten, fehlt jedoch in den beweideten oder standörtlich
 überformten Bereichen. Wegen des Gefährdungsgrades und der in NRW nur sehr
 begrenzten Vorkommen des Fluss-Greiskrautes sind die Bestände an der Weser von
 landesweiter Bedeutung (s. auch gesonderter Beitrag in diesem Heft).


     Ufer-Wiesen
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Großer Wiesenknopf (Sanguisorba officinalis)                            RL * / 3
 Der Große Wiesenknopf wächst nur an wenigen Stellen auf Wiesen oder Mähweiden
 in der Weseraue. Die Vorkommen konzentrieren sich in den Randsenken der Aue
 zwischen Boffzen und Stahle. Bekannte Wuchsorte sind Finkenbruch (Brückfeld),
 Heinenwiese und Unter der Dickung (Lüchtringen), Weserbogen südlich Holzminden
 und Große Masch nordöstlich Stahle. In unmittelbarer Nachbarschaft des Flusses
 wurde die Art nur auf einer Wiese am östlichen Ortsrand von Stahle gefunden.


     Neophyten
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Lanzettblättrige Aster (Aster lanceolatus)
 Die Aster ist in den Hochstaudenfluren regelmäßig trupp- bis herdenweise
 vertreten. Erst zur Blütezeit im September tritt sie auffälliger in
 Erscheinung.

Riesen-Bärenklau (Heracleum mantegazzianum)
 Es gibt nur wenige Wuchsplätze des Riesen- Bärenklau am Weserufer. Nur bei
 Meinbrexen wurde 2005 ein Bestand von 25 fruchtenden Stauden kartiert. Kleinere
 Bestände unterhalb des Kiekensteins bei Stahle wurden in beiden Kartierjahren
 mittels Herbiziden bekämpft, so dass keine Angaben zur Bestandsgröße gemacht
 werden können.

Indisches Springkraut (Impatiens glandulifera)
 Das Indische Springkraut ist in den Staudenfluren des Weserufers weit
 verbreitet. Als einjährige Pflanze ist es zur Keimung auf Störstellen, wie sie
 vor allem durch Auskämmung und Ablagerung von Treibgut und Sedimenten
 entstehen, angewiesen. Es tritt daher in wechselnden Verteilungen auf.
 Bemerkenswert ist die Wuchshöhe von Impatiens glandulifera in einem Bestand an
 der Weserbrücke bei Würgassen. Die Pflanzen erreichen hier bis zu 3,50 m!
 Massenbestände sind nach wie vor am linken Weserufer zwischen Würgassen und
 Beverungen zu finden. Nach dem Bau des Radweges konnten die angestammten
 Hochstaudenfluren hier auch nach mehr als 15 Jahren noch nicht wieder Fuß
 fassen.

Japanischer Knöterich (Reynoutria japonica)
 Herden des Japanischen Knöterichs wurden lediglich unterhalb des Kathagenberges
 bei Fürstenberg am rechten Weserufer gefunden.

Riesen-Goldrute (Solidago gigantea)
 Solidago gigantea ist in den Hochstaudenfluren an der Weser nur zerstreut in
 kleineren Trupps zu finden.

Topinambur (Helianthus tuberosus)
 Topinambur wächst trupp- oder herdenweise sehr zerstreut in den oberen
 Böschungsbereichen am Weserufer.


Anmerkung zur Tierwelt des Weserufers

Da die Erfassung in erster Linie der Pflanzenwelt galt, sind die im Folgenden aufgeführten Tierarten eher beiläufig mit aufgenommen worden. Kartierzeitpunkt und -dauer ermöglichten insofern auch nur Momentaufnahmen, die das Artenspektrum bei Weitem nicht wiedergeben. Dennoch soll hier auf einige Tiergruppen hingewiesen werden, die naturkundlich interessierte Menschen an der Weser leicht beobachten können.

Am augenfälligsten ist sicherlich die Vogelwelt. Eine ausführliche Beschreibung der an der Weser vorkommenden Vogelarten von Jochen MÜLLER wurde bereits 1997 in Band 10 von EGGE-WESER veröffentlicht, auf die bezüglich des Artenspektrums hier verwiesen wird. Der Hochsommer ist nicht die beste Jahreszeit für spektakuläre Vogelbeobachtungen. Vergleichsweise wenige der bemerkenswerten Vogelarten, die die Weser als Brut- oder Nahrungsgebiet nutzen, fallen zu dieser Zeit auf. Regelmäßig sind Graureiher und Kormoran zu beobachten, die als Fischfresser das Nahrungs- angebot größerer Gewässer gern annehmen. Der Graureiher ist Brutvogel wechselnder Standorte der benachbarten Kalkberge. Die letzte größere Brutkolonie an der Hasselburg südlich Beverungen ist jedoch seit einiger Zeit verwaist. Dennoch treten Graureiher im Wesertal bei Würgassen gehäuft auf.

Wesentlich seltener zu sehen ist dagegen der Eisvogel. Für den kleinen Fischfänger gibt es zwar an der Weser genügend Nahrung, doch benötigt er als Ansitzwarte überhängende Gehölze im unmittelbaren Uferbereich. Diese findet er in erster Linie an den Bachmündungen von Bever und Nethe, wo er regelmäßig zu beobachten ist. Brutplätze des Eisvogels sind die steilen Uferabbrüche an den Bachläufen. Am Weserufer sind solche Strukturen bisher kaum vorhanden, so dass der Eisvogel hier in erster Linie Nahrungsgast ist.

Dort, wo sich schmale, vegetationsfreie Uferbereiche in Nachbarschaft zu Gebüschen oder Bäumen bzw. Hochstauden oder Röhrichten finden, ist der Flussuferläufer während des Sommers regelmäßig bei der Nahrungssuche am Spülsaum zu beobachten. Brutnachweise an der Oberweser sind von dieser Limikolenart bisher nicht bekannt.

Als exotischer Neubürger der Vogelwelt an der Weser tritt seit einigen Jahren die Nilgans auf. Sie brütet inzwischen, wie auch die heimische Graugans, regelmäßig an verschiedenen Abgrabungsgewässern zwischen Beverungen und Höxter. Wie schnell sich ihre Einbürgerung vollzogen hat zeigt die Tatsache, dass J. MÜLLER sie in seiner Arbeit 1997 noch nicht erwähnte.

Die Buhnenfelder, die sich in verschiedener Ausprägung durch die mehr als 700 Buhnen im betrachteten Flussabschnitt ergeben, vor allem aber die 33 Hakenbuhnen und 27 Buhnenteiche stellen mit ihren Stillwasserbereichen Lebensräume für Amphibien und verschiedene Libellenarten dar. So begegnet man den sog. Grünfröschen am Weserufer ziemlich häufig. Verbreitet ist der Wasserfrosch (Rana esculenta), wesentlich seltener dagegen der kräftigere Seefrosch (Rana ridibunda). Letzterer wurde nur bei Würgassen und im Bereich der Godelheimer Seenplatte festgestellt. Libellen waren mit folgenden Arten vertreten:

Gebänderte Prachtlibelle (Calopteryx splendens)
Blauflügel-Prachtlibelle (Calopteryx virgo)
Gemeine Federlibelle (Platycnemis pennipes)
Große Pechlibelle (Ischnura elegans)
Becher-Azurjungfer (Enallagma cyathigerum)
Hufeisen-Azurjungfer (Coenagrion puella)
Pokal-Azurjungfer (Cercion lindeni)

Torf-Mosaikjungfer (Aeschna juncea)
Blaugrüne Mosaikjungfer (Aeschna cyanea)
Großer Blaupfeil (Orthetrum cancellatum)
Plattbauch (Libellula depressa)
Gemeine Heidelibelle (Sympetrum vulgatum)
Schwarze Heidelibelle (Sympetrum danae)

Die meisten dieser Arten dürften sich in den Buhnenfeldern und -teichen auch fortpflanzen. Die beobachtete Torfmoos-Mosaikjungfer wird dagegen aus ihren Lebensräumen im Solling zugeflogen sein.

Als typische Fließgewässerlibelle ist die Gebänderte Prachtlibelle heute wieder regelmäßig an der Weser anzutreffen. Die in NRW gefährdete Art gilt als Indikator für eine relativ gute Wasserqualität. Vereinzelt findet man auch Exemplare der Blauflügel-Prachtlibelle, die ansonsten ihren Lebensraum an sauberen Bächen hat.

 

Das durchgängige Band von Uferhochstaudenfluren und Grünlandflächen entlang der Weser ist vor allem auch für Insekten von großer Bedeutung. Der in den Sommermonaten reiche Blütenflor der Hochstauden übt für viele unserer häufigeren, jedoch aufgrund ihrer meist bunten Färbung attraktiven Tagfalter eine große Anziehung als Nektarquelle aus. Bei der Kartierung wurden folgende Arten beobachtet: Kleiner und Großer Kohlweißling (Pieris napae, P. brassicae), Grünader-Weißling (Pieris rapae), Zitronenfalter (Gonepteryx rhamni), Kleiner Fuchs (Aglais urticae), Tagpfauenauge (Inachis io), Admiral (Vanessa atalanta), Landkärtchen (Araschnia levana) und C-Falter (Polygonia c- album). Bevorzugt angeflogene Stauden waren Blutweiderich (Lythrum salicaria), Fluss-Kreuzkraut (Senecio fluviatilis) und Wiesen-Alant (Inula britannica).

 

Aus der Heuschreckenfauna wurden bei den Erhebungen lediglich sechs Arten notiert: Das Grüne Heupferd (Tettigonia viridissima) und die Gewöhnliche Strauchschrecke (Pholidoptera griseoaptera) sind häufige Bewohner der Hochstauden- und Röhrichbestände. Im Grünland dominieren Gemeiner Grashüpfer (Chortippus parallelus), Roesels Beißschrecke (Metrioptera roeseli) und Weißrandiger Grashüpfer (Chortippus albomarginatus). In trockeneren, lückigen Ausprägungen des Grünlandes sowie an Wegrändern ist der Nachtigall-Grashüpfer (Chortippus biguttulus) verbreitet anzutreffen. Einzige typische Art der Feuchtgebiete war die Kurzflügelige Schwertschrecke (Conocephalus dorsalis). Die im Weserbergland bisher nur sehr zerstreut nachgewiesene Heuschreckenart ist an der Weser mehr oder weniger durchgängig in den Rohrglazgras-Beständen und direkt angrenzenden Grünlandbereichen vertreten.

Literatur:

BRANDES, D. & OPPERMANN, F.W. (1994): Die Uferflora der oberen Weser. - Braunschw. naturkdl. Schr. 4(3): 575-607.

HÄCKER, S. (1988): Beobachtungen zur Flora des Weserufers im Kreis Höxter. - Egge- Weser 5 (2): 43-50.

MÜLLER, J. (1997): Wasservögel des Wesertales zwischen Höxter und Würgassen.- Egge- Weser 10: 5-90.

NIEDERSÄCHSISCHES LANDESAMT FÜR VERBRAUCHERSCHUTZ UND LEBENSMITTELSICHERHEIT: Elektrobefischungen von Werra und Oberweser im Jahr 2005.

WOLFF-STRAUB, R., BÜSCHER, D., DIEKJOBST, H., FASEL, P., FOERSTER, E., GÖTTE, R., JAGEL, A., KAPLAN, K., KOSLOWSKI, I., KUTZELNIGG, H., RAABE, U., SCHUMACHER, W. & VANBERG, CH. (1999): Rote Liste der gefährdeten Farn- und Blütenpflanzen in Nordrhein-Westfalen, 3. Fassg. In: LÖBF NRW (Hrsg.): Rote Liste der gefährdeten Pflanzen und Tiere in Nordrhein-Westfalen, 3. Fassg.- Schriftenr. LÖBF NRW 17: 75-171


      Anschrift der Verfasser: Stefan Häcker
                               Drostenkamp 24
                               32760 Detmold

                               Dr. Burkhard Beinlich,
                               AnneKösters und
                               Birgit Schorsch
                               Landschaftsstion im Kreis Höxter
                               Zur Specke 4
                               34434 Borgentreich
                               www.landschaftsstation-hoexter.com