Beiträge zur Naturkunde zwischen Egge und Weser 18 (2006)
Seite(n) 132-133

Büro am Fluss: Projekt "Lebendige Weser"

Von Christian Schneider

Der Gedanke, Netzwerke für Flüsse zu bilden, wird schon seit den 90iger Jahren von der Deutschen Umwelthilfe mit ihren Partnern vor Ort praktiziert. Der Verein "Büro am Fluss – Lebendige Weser e.V." ist aus dieser Idee, eine länder- und fachübergreifende Verbesserung mit den Menschen vor Ort für die Weser zu erreichen, geboren. Unterstützt von der Deutschen Umwelthilfe, der Fachhochschule Lippe und Höxter und weiteren Partnern wird eine Geschäftsstelle in Höxter unterhalten. Der Verein steht unter der Schirmherrschaft von Prof. Klaus Töpfer und ist sowohl für einzelne Weserinteressierte, als auch für Institutionen aus dem Einzugsgebiet offen. Letztere können in einem Beirat aktiv Vorstellungen mit einbringen.

Im Mai 2006 startete das "Büro am Fluss" das Projekt "Lebendige Weser" mit einem Weser-Etappen-Marathon von der Quelle bis zur Mündung. Die so genannte "Tour de Weser" stellt die symbolische Vernetzung entlang des Flusses dar und deutet gleichzeitig auf den Anspruch der Initiatoren hin, ein kreatives Miteinander für Mensch und Natur zu erreichen. 450 Kilometer Strecke, insgesamt 13 Tage unterwegs, die Beteiligung von fast 300 Läuferinnen und Läufern, die über 2200 Kilometer zurücklegten, die Besichtigung von einigen interessanten Projekten und eine Vielzahl von persönlichen Kontakten zu Menschen, die sich für die Weser interessieren und aktiv einsetzen, ist eine positive Bilanz und Resonanz. Zudem konnte politisch ein Zeichen für die Weser gesetzt werden. Dazu wurden die Unterschriften vieler Bürgervertreter der Anrainerstädte auf einem T-Shirt für Bundesumweltminister Gabriel gesammelt und persönlich, diesmal allerdings mit der Bahn, nach Berlin gebracht. Mit diesem Auftakt wurde ein Grundstein gelegt, Menschen das Gewässer und den Lebensraum Weser wieder näher zu bringen.

Abbildung 1
Abb. 1: Weserbadetag in Höxter
(Foto: C. Schneider)

Im September konnte das entstandene "Netzwerk" genutzt werden, in Zusammenarbeit mit vielen Vereinen die Bevölkerung zum Baden, Kanu Fahren, Tauchen oder Boot Fahren an die Weser zu laden. An verschiedenen Weser-Orten gingen die Menschen zeitgleich ins Wasser. In Höxter wurde anlässlich des "Aktionstages" ein über 200 m² großer Sandstrand errichtet. Dadurch wurde es möglich, sich bis zu den Knien, den Hüften oder auch ganz in die Fluten zu werfen, auf jeden Fall wieder in und an das Gewässer zu gelangen. Zudem boten urige Treibgutstämme und Sandberge am Weserstrand die Möglichkeit, sich auch an Land auszutoben und kreativ Burgen oder Skulpturen zu bauen, geräucherten Fisch zu probieren und vieles mehr.

Viele werden sich jetzt wundern, was hat das alles eigentlich mit dem Thema Natur- und Gewässerschutz zu tun?

"Viel", behauptet Geschäftsführer Christian Schneider. Wenn die Menschen "ihr" Gewässer wieder entdecken, werden sie sich dafür auch stark machen. Und dass die Weser Hilfe gebrauchen kann, wird schnell deutlich, wenn wir etwas genauer hinschauen. Das Wasser mag zum Baden einladen, die Probleme jedoch sind vielschichtig. Querbauwerke versperren den Wasserorganismen den Weg entlang der Gewässer. Sei es, auf dem Weg vom Meer in die Laichgebiete oder in der Querverbindung in der Aue. Die Strukturdefizite zeigen in der Bestandsaufnahme der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) für die Weser mit Werten von überwiegend 6 bis 7, dass die Sohle und Ufer als durchgehend stark geschädigt bezeichnet werden können. Bislang wurden im Wesereinzugsgebiet rd. 1.755 Querbauwerke ermittelt. Diese und diverse Gewässerbelastung aus Kaliabbau, Landwirtschaft, Schifffahrt und anderen Nutzungen werden wahrscheinlich dafür sorgen, dass die Ziele der WRRL bei vielen Wasserkörpern nicht erreicht werden (Ergebnisbericht Weser NRW, Wasserrahmenrichtlinie in NRW – Bestandsaufnahme).

Die Ursachen sind relativ klar. Der Weg zu einer Verbesserung erfordert ein breiteres Verständnis und Akzeptanz und vor allem ein vernetztes Umsetzen. Erleben – Begreifen – Mitmachen sind Schlagwörter, die das "Büro am Fluss" als Leitlinie nicht nur für die Gewässerprojekte mit Kindern und Jugendlichen umsetzen möchten. Die jungen Teilnehmer/innen erleben auf einer Bachtour Lebensräume am Gewässer, entdecken ihre Bewohner und spüren mit allen Sinnen die Lebensader der Landschaft. Biologische Gewässeruntersuchungen oder physikalisches Verstehen am Modell tragen nachhaltig zum Verständnis als Grundlage für ein vernetztes Handeln bei. Bachpatenschaften bieten Jung und Alt die Möglichkeit, sich für das Gewässer vor der eigenen Haustür einzusetzen und ein eigenes Stück "Lebensader" zu schützen und genießen. Wer mehr wissen oder sich aktiv einbringen möchte, erhält auf der Internetseite www.lebendige-weser.de nähere Informationen.




Anschrift des Verfassers: Büro am Fluss – Lebendige Weser e.V.
                          Christian Schneider
                          Schlesische Str. 76
                          37671 Höxter
                          info@lebendige-weser.de
                          www.lebendige-weser.de