Egge-Weser Band 10 - Die Wasservögel im Wesertal zwischen Höxter und Würgassen

5.5) Im Beobachtungszeitraum 1980 bis 1996 nachgewiesene Arten:

Beutelmeise (Remiz pendulinus)

spärlicher Brutvogel (5 - 10 Brutpaare)

Habitat: Die Beutelmeise brütet seit Ende der achtziger Jahre alljährlich in den einer natürlichen Weichholzaue ähnelnden Uferzonen der Kiesseen. Dort, wo sich, oft auf ehemaligen Spülfeldern, Sukzessionsstufen vom Röhricht über Weidengebüsch bis zu Baumweiden gebildet haben, ist sie am regelmäßigsten anzutreffen. Als Brutbäume wurden bislang nur Weiden und Birken beobachtet. Außerhalb der Kiesseen wurden Nester auch im mit Weiden durchsetzten Röhricht "Finkenbruch" und einer Tongrube im Brückfeld bei Höxter gefunden. Außerdem hat die Beutelmeise mittlerweile mehrfach an der Nethemündung gebrütet. Die natürlichen Brutplätze weisen ebenfalls die typische Weichholzauenstruktur auf.

Beutelmeise – Zeichnung von Antje Kayser

Vorkommen und Bestandsentwicklung: Die Besiedlung des Wesertales von der ersten Beobachtung im Jahr 1985 über die erste (vermutete) Brut im Jahr 1987 bis hin zu fünf Nestern im Jahr 1989 ist in MÜLLER (1989) dargestellt. Seither hat die Art weiter zugenommen, der Bestand ist aber jahrweisen Schwankungen unterworfen. Insgesamt konnten bislang elf Brutplätze gefunden werden, die aber wohl in keinem Jahr komplett besetzt waren. Jahre mit starkem Vorkommen waren auf jeden Fall 1992 und 1994, in letzterem wurden allein fünf Ansiedlungen, dabei ein nur unvollständiges Nest, im Raum Godelheim beobachtet (J.MÜLLER).

Jahresrhythmus: Die ersten Tiere werden frühestens in den letzten Märztagen, regelmäßig ab Anfang April beobachtet. Wann die letzten Beutelmeisen das Gebiet verlassen, ist nicht bekannt, da kaum Spätsommer- oder Herbstnachweise vorliegen. Aus dem Juli liegen die letzten regelmäßigen Notierungen vor, und bei zwei Altvögeln und einem Jungtier vom 29.09. bis 02.10.1988 an der Wehrdener Kiesgrube Oppermann (M.MÜLLER) wird es sich um Durchzügler gehandelt haben.

Gefährdung und Schutzmaßnahmen: Soweit die breiteren Weidengürtel an den Kiesgruben Bestand haben, ist auch das Überleben der Beutelmeise gesichert. Gleichzeitig wird der Lebensraum von Kleinspecht und Nachtigall bewahrt. Bei weiteren Abgrabungen muß darauf geachtet werden, daß ausreichend Fläche für die Weichholzaue zur Verfügung steht und diese auch später nicht, z.B. zur Freizeitnutzung, wieder beseitigt wird. Als Richtwert erscheinen pro derzeitiger Abgrabungszone Godelheim, Wehrden und Beverungen je zwei ha zusammenhängende Weidensukzessionsfläche angemessen. Auch an brachliegenden ehemaligen Uferwiesen an der Weser ist Sukzession hin zur Weichholzaue unter Naturschutzgesichtspunkten sinnvoll (Abbildung unten).

Abb. 10: Weiden fassen Fuß am Weserufer, Entwicklung zur Weichholzaue

Abb.7

Abb. 7:    Blick ins Brutgebiet von Teichrohrsänger, Rohrweige und Beutelmeise an der Wehrdener Sandgrube Oppermann, 1997. Im Bildhintergrund wird der Boden trockener, und Weiden verdrängen das Röhricht.

Abb. 9:    Weidenholzaue an den Godelheimer Seen; hier brüten Beutelmeise, Kleinspecht und Nachtigall.

Abb.9