Beiträge zur Naturkunde zwischen Egge und Weser 18 (2006) 88-116
hier: 97-101

Jahresbericht 2005

Bearbeiter:
Dr. Burkhard BEINLICH (Dipl.-Biol.)
Frank GRAWE (Dipl.-Geogr.)
Sven MINDERMANN (Dipl.-Agraring.)
Uli WYCISK (Dipl.-lng.)
Walter KÖBLE (Dipl.-Geogr.)

3 Ausgewählte Ergebnisse der faunistischen und floristisch/ vegetations-kundlichen Erhebungen in den Betreuungsgebieten

3.1 Fauna

Im Jahr 2005 lag der Schwerpunkt der faunistischen Arbeiten in den betreuten Feuchtgebieten. Ein besonderes Augenmerk galt den Libellen an den verschiedenen, in den letzten Jahren neu angelegten Kleingewässern. Intensivere faunistische Kartierungen wurden auch auf einigen der betreuten Kalkhalbtrockenrasen (Kalkmagerrasen bei Dalhausen, Hartheiser Berg bei Brakel) durchgeführt. Im Folgenden werden ausgewählte Ergebnisse vorgestellt:

3.1.1 Körbecker Bruch

Im NSG Körbecker Bruch bei Borgentreich, dem größten Feuchtgrünland-Röhrichtkomplex im Kreis Höxter, wurden 2005 die wertbestimmenden Brutvogelarten erfasst. Erfreulich ist, dass auch in diesem Jahr sowohl Rebhuhn als auch Neuntöter erfolgreich gebrütet haben. Das Braunkehlchen war mit 2 Brutpaaren im Gebiet vertreten, bei dieser Art ist ein leichter Bestandrückgang zu verzeichnen. Der Wachtelkönig, der in den letzten Jahren regelmäßig während der Brutzeit verhört werden konnte, konnte dagegen 2005 nicht nachgewiesen werden. Im Frühjahr konnten Rohrweihe und Wiesenweihe über dem Bruch beobachtet werden – beide Arten waren im NSG aber nicht als Brutvögel vertreten. Erwähnenswert ist noch der Nachweis einer männlichen Grauammer, der am 7.4.05 gelang. Im Kreis Höxter ist der Brutbestand dieses ehemals weiter verbreiteten Vogels nahezu erloschen.

3.1.2 Echeler Bruch

Der Echeler Bruch gehört ebenso wie der Körbecker Bruch zu den ehemaligen Niedermooren in der Borgentreicher Börde. Er wurde in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts stark meliorisiert und zum Teil zu Acker umgebrochen. In den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts erwarb das Land Nordrhein-Westfalen die zentrale Fläche zu Naturschutzzwecken. In den letzten Jahren wurden dort zahlreiche Naturschutzmaßnahmen umgesetzt – unter anderem wurde der Grundwasserstand wieder angehoben und mehrere Flachgewässer (Blänken) ausgeschoben.

Tab. 6: In 2005 nachgewiesene Libellen an den neu angelegten Kleingewässern. Status der Roten Liste: 3 = gefährdet, V = Art der Vorwarnliste
                                                      Rote Liste
                                                    BRD        NRW
Gemeine Binsenjungfer     Lestes sponsa
Federlibelle              Platycnemis pennipes
Frühe Adonislibelle       Pyrrhosoma nymphula
Hufeisen-Azurjungfer      Coenagrion puella
Große Pechlibelle         Ischnura elegans
Becher-Azurjungfer        Enallagma cyathigerum
Blaugrüne-Mosaikjungfer   Aeshna cyanea
Torf-Mosaikjungfer        Aeshna juncea              3          3
Große Königslibelle       Anax imperator
Plattbauch                Libellula depressa
Schwarze Heidelibelle     Sympetrum danae
Gefleckte Heidelibelle    Sympetrum flaveolum        3          V
Blutrote Heidelibelle     Sympetrum sanguineum
Gemeine Heidelibelle      Sympetrum vulgatum

Das Gebiet hat sich trotz seiner geringen Größe (< 10 ha) zwischenzeitlich zu einem bedeutendem Rastplatz für Watvögel entwickelt – jedes Jahr rasten dort z.B. zeitgleich bis zu 30 Bekassinen. 2005 hat erstmals wieder ein Kiebitzpaar im Gebiet gebrütet, und über einen längeren Zeitraum konnte eine Wasserralle verhört werden. Weitere bedeutende Brutvogelarten in 2005 waren Braunkehlchen (1 Bp), Schafstelze (1 Bp), Feldschwirl (1 Bp), mehrere Brutpaare von Rohrammer und Sumpfrohrsänger sowie Rebhuhn (1 Bp) und Nachtigall (1 Bp). 2005 konnten erstmals die Sumpfschrecke (Stethophyma grossum, RL NRW 2) und die kurzflügelige Schwertschrecke (Conocephalus dorsalis, RL NRW V) im Gebiet nachgewiesen werden. Während von den Sumpfschrecken nur Männchen festgestellt wurden, waren von Conocephalus beide Geschlechter in geringer Anzahl anzutreffen. Weiterhin gelang erstmals der Nachweis des Moschusbocks (Aromia moschata).

Die Kleingewässer haben sich als attraktive Fortpflanzungsgewässer für unsere heimischen Libellen entwickelt, wie der Tab. 6 entnommen werden kann. Mit 14 Arten hat sich der Artenbestand seit Neuanlage der Gewässer mehr als vervierfacht.

3.1.3 Heinewiese

Im NSG Heinewiesen bei Lüchtringen, einem kleinen Feuchtgebiet in der Weseraue, wurde 2005 neben der Avifauna v.a. die Amphibien- und Libellenfauna untersucht. Während sich die Brutvogelfauna als durchschnittlich präsentiert ist die Libellenfauna mit lediglich drei ubiquitären Arten als unterdurchschnittlich einzustufen. Hauptgrund dürfte die geringe Zahl an geeigneten Stillgewässern sein. Diese sind im Gebiet lediglich in Form von Entwässerungsgräben anzutreffen, die zudem regelmäßig austrocknen.

Im Gegensatz zu den Libellen weisen diese Gräben aber eine recht reichhaltige Amphibienfauna auf – alle heimischen Schwanzlurche konnten dort, wenn auch in geringer Individuendichte, nachgewiesen werden. Neben Feuersalamander, Kammmolch, Bergmolch, Teichmolch und Fadenmolch kommen dort noch Erdkröte und Grasfrosch vor.

Weiterhin konnte die in NRW stark gefährdete Zauneidechse nachgewiesen werden.

3.1.4 Emmeroberlauf und Beberbach

Tab. 7: In 2005 nachgewiesene Libellen an den neu angelegten Kleingewässern. Status der Roten Liste: 2 = stark gefährdet, 3 = gefährdet, V = Art der Vorwarnliste
                                                        Rote Liste
                                                       BRD      NRW
Weidenjungfer                 Chalcolestes viridis
Südliche Binsenjungfer        Lestes barbarus           2        2
Gemeine Binsenjungfer         Lestes sponsa
Federlibelle                  Platycnemis pennipes
Hufeisen-Azurjungfer          Coenagrion puella
Große Pechlibelle             Ischnura elegans
Becher-Azurjungfer            Enallagma cyathigerum
Blaugrüne-Mosaikjungfer       Aeshna cyanea
Torf-Mosaikjungfer            Aeshna juncea             3        3
Gemeine Smaragdlibelle        Cordulea aenea            V        3
Großer Blaupfeil              Orthetrum cancellatum
Gemeine Heidelibelle          Sympetrum vulgatum


3.1.5 Steinheimer Holz

Tab. 8: In 2005 nachgewiesene Libellen an den neu angelegten Kleingewässern. Status der Roten Liste: 2 = stark gefährdet, 3 = gefährdet, V = Art der Vorwarnliste

                                                          Rote Liste
                                                         BRD      NRW
Blauflügel-Prachtlibelle        Calopteryx virgo          3        3
Weidenjungfer                   Chalcolestes viridis
Südliche Binsenjungfer          Lestes barbarus           2        2
Hufeisen-Azurjungfer            Coenagrion puella
Große Pechlibelle               Ischnura elegans
Kleine Pechlibelle              Ischnura pumilio          3        3
Becher-Azurjungfer              Enallagma cyathigerum
Blaugrüne-Mosaikjungfer         Aeshna cyanea
Königslibelle                   Anax imperator
Plattbauch                      Libellula depressa
Vierfleck                       Libellula quadrimaculata
Großer Blaupfeil                Orthetrum cancellatum
Gefleckte Heidelibelle          Sympetrum flaveolum        3        V
Gemeine Heidelibelle            Sympetrum vulgatum

3.1.6 Magerrasen Dalhausen

Heidkämpe/ Krähenberg: Neuntöter

Schnegelberg: Schlingnatter (im Wohngebiet)

Tab. 9: Wertbestimmende tagfliegende Schmetterlinge auf ausgewählten Magerrasenkomplexen bei Dalhausen und Jakobsberg. RL = Rote Liste: 2 = stark gefährdet, 3 = gefährdet, V = Art der Vorwarnliste; H= Heidkämpe, K= Krähenberg, S= Schnegelberg


                                                                 RL
                                                               BRD NRW    H  K  S
Großer Perlmutterfalter              Mesoacidalia aglaja        V   2     X
Ehrenpreis-Scheckenfalter            Melitaea aurelia           3   2     X  X  X
Perlgrasfalter                       Coenonympha arcania        V   3     X  X  X
Schachbrett                          Melanargia galathea                  X  X
Zwergbläuling                        Cupido minimus             V   2     X
Violetter Waldbläuling               Cyaniris semiargus         V   2        X  X
Leguminosen-Dickkopffalter           Erynnis tages              V   3     X
Kl. Würfeldickkopf-falter            Pyrgus malvae              V   2        X
Mattscheckiger Braundickkopffalter   Thymelicus acteon          3   3     X
Gelbwürfeliger Dickkopffalter        Carterocephalus palaemon   V   3        X
Thymian-Widderchen                   Zygaena purpuralis         3   2     X  X  X
Esparsetten-Widderchen               Zygaena carniolica         3   2     X  X
Kl. Fünffleck-Widderchen             Zygaena viciae             V   2     X
Ampfer-Grünwidderchen                Adscita statices           V   3        X
Blutbär                              Tyria jacobaeae            V   3     X

3.1.7 Hartheiser Berg

Vögel: Raubwürger, Brut mit 4 Jungen, Baumpieper 4 BP, Wiesenpieper 3 BP, Feldschwirl 1, Neuntöter

Schmetterlinge: M. galathea (sh), Zygaena purpuralis, Z. carniolica, Z. viciae, Z. filipendula, Thyria jacobaeae (Blutbär), Carterocephalus palaemon, Thymelicus acteon

3.2 Flora und Vegetation

3.2.1 Das Feuchtgebiet Multhöpen bei Steinheim - Ottenhausen

Am Ortsrand von Steinheim-Ottenhausen liegt in einer staunassen Keupermulde das Feuchtgebiet Multhöpen, ein anmooriger Sumpf mit Vorkommen zahlreicher seltener Pflanzenarten, u.a. dem Fieberklee (Menyanthes trifoliata). Mit dem Ziel, eine Verbrachung des seit Jahren ungenutzten Gebietes zu verhindern, war in Multhöpen im Jahr 2000 von der Landschaftsstation eine extensive Rinderbeweidung initiiert worden. Seither werden die Flächen durch die Limousin-Mutterkuhherde eines Ottenhausener Landwirtes beweidet. Im Zuge der Bestandsaufnahme 2005, also nach fünf Jahren Beweidung, konnte der Fläche eine insgesamt hervorragende Entwicklung bescheinigt werden. Die Verbrachungstendenz konnte ganz offensichtlich aufgehalten werden und die zahlreichen gefährdeten Pflanzenarten haben sich in ihrem Bestand erhalten oder aber ausdehnen können. Sogar das zunächst verloren geglaubte Gefleckte und das Breitblättrige Knabenkraut (Dactylorhiza maculata et D. majalis), zwei Orchideenarten, die vor der Beweidung mit einigen wenigen Exemplaren im Gebiet wuchsen, konnten wiederentdeckt werden. Die Beweidungsdichte scheint sich, wie die Beobachtung des Weideverhaltens ergab, nahezu von selbst in idealer Weise einzuregeln: Die Rinder beweiden nämlich überwiegend die trockeneren, trittfesten Bereiche der großflächig eingezäunten Fläche, um erst im Spätsommer, wenn diese kurzgefressen sind, die sensibleren trittempfindlichen nassen Flächen aufzusuchen.

3.2.2 Ein floristisches Kleinod im Nethetal

Im NSG und FFH-Gebiet "Nethe" findet sich in einem Bereich, in dem kalkhaltiges Grundwasser an der Oberfläche austritt, das größte und artenreichste Kalk-Flachmoor des Kreises Höxter. Die Fläche wird seit einigen Jahren von der Landschaftsstation regelmäßig im Spätsommer gemäht. Im Jahr 2005 bot das Gebiet, offensichtlich gefördert durch einen optimalen Witterungsverlauf im vorausgegangenen Frühjahr, einen grandiosen Anblick: Während im Frühsommer hunderte der rosa und lilafarbenen Blütenstände des Gefleckten und des Breitblättrigen Knabenkrautes (Dactylorhiza maculata et D. majalis) bunte Tupfer setzten, prägten wenig später zahllose Exemplare des Sumpf-Stendelwurz (Epipactis palustris) zusammen mit der Kümmelblättrigen Silge (Selinum carvifolia) das Bild. Im Spätsommer bildeten mehrere hundert Blütenstände des Teufels-Abbiß (Succisa pratensis) einen Blickfang. Etwas versteckter im dichten Rasen der Seggen verborgen, gesellten sich etliche Blüten des Sumpf-Herzblattes (Parnassia palustris) dazu. Insgesamt befindet sich das Gebiet in einem sehr guten Pflegezustand.

3.2.3 Das NSG Berenbruch

Bei Höxter-Hohehaus befindet sich, ähnlich wie das vorgenannte Gebiet in einer stauenden Keupermulde gelegen, das "NSG Berenbruch". Die ganzjährig nassen Flächen werden durch die Heidschnuckenherde einer Löwendorfer Schäferin beweidet. Im Sommer 2005 bot sich auch hier ein beeindruckendes Bild: Zwischen hunderten von "Wattebäuschen" des fruchtenden Schmalblättrigen Wollgrases (Eriophorum angustifolium) blühten etwa 1.200 Exemplare des Breitblättrigen Knabenkrautes (Dactylorhiza majalis). Die intensiv dunkel-lilafarbenen Blütenstände fanden sich über das eigentliche Feuchtgebiet hinaus mit etwa 100 Exemplaren auch in angrenzenden Wiesen. Neben den genannten auffälligen Arten fanden sich zahlreiche weitere gefährdete Arten der Feuchtgebiete, u.a. die Rispen-Segge (Carex paniculata), die Hirse-Segge (Carex panicea) oder schöne Bestände der Sumpf-Dotterblume (Caltha palustris).

4. Gebietsbetreuung/ Betreuung der Landnutzer